Hallo AWTLG,
ich habe mich über Wochen sehr Intensiv mit dieser Thematik beschäftigt, weil wir 2010 ein Fertighaus aus dem Ende der 70er Jahre gekauft haben und ich keine Fehler machen wollte. Grundsätzlich ist es meiner Meinung nach so, dass ein Fertighaus aus dieser Zeit problembehaftet sein kann, aber keinesfalls sein muss. Es kommt auf die vom Hersteller verwendeten Materialien laut Bau- und
Leistungsbeschreibung an, und diese wechselten teilweise selbst bei demselben Hausmodell innerhalb von kürzester Zeit. Man kann allerdings aufgrund der Häufung bei manchen großen Herstellern davon ausgehen, dass bei diesen Häusern auch heute noch ein grundsätzlicheres Problem besteht als bei anderen Herstellern. Insbesondere damals sehr hochpreisige Hersteller haben bereits auf die verwendeten Materialen geachtet, so dass heute kaum bzw. keine Probleme auftreten. Die gesundheitliche Problematik bei Holzschutzmitteln wie PCP, Lindan, DDT, etc. und
Formaldehyd aus Spanplatten und Dämmwolle sind den Herstellern nämlich bereits damals bekannt gewesen, sie waren allerdings nach
DIN-Norm bei tragenden Holzkonstruktionen noch gesetzlich vorgeschrieben und nicht verboten. Dies kam erst Anfang der 80er Jahre.
V20 Platten hätten nämlich auch damals schon durch V100 Platten ersetzten werden können. V20 Platten sind nur einfach billiger gewesen. V100G Platten hätten durch entsprechenden konstruktiven Holzschutz gerade im Außenbereich komplett vermieden werden können und hätten im Innenbereich gar nie eingesetzt werden dürfen. Auch hätte man die Imprägnierung der Holzständer mit anderen Holzschutzmitteln als PCP oder Lindan durchführen oder aber die Menge entsprechend reduzieren können, aber diese beiden waren damals eben sehr verbreitet und die Hersteller hatten eine gute Lobby (siehe Frankfurter Holzschutzmittelprozess).
Ich empfehle Dir wie gesagt einen unabhängigen
Gutachter bzw. ein unabhängiges Labor, mit dem Du die häufigsten Holzschutzmittel im Hausstaub oder der
Luft untersuchen lässt. Üblicher ist jedoch die Untersuchung von Hausstaub, da sich hier die Holzschutzmittel dauerhaft anlagern und eine präzise Aussage zulassen, wenn man sich an die
Probenahmekriterien hält. Ich glaube das IFAU-Institut bietet hier auch was an, aber eigentlich ist egal welches Du nimmst. Solltest nur vorher abklären, dass auch PCP, Lindan und DDT mindestens analysiert werden. Sehr gut wäre natürlich auch die Analyse von Chloranisolen, da diese für den eigentümlichen
Geruch verantwortlich sind.
In Abhängigkeit zum Analyseergebnis solltest Du dann eine sinnvolle Sanierung im Gesamtkonzept planen und durchführen und danach möglichst noch einmal eine Kontrollmessung veranlassen. Nur so kannst Du die Bedenken, die Du sonst dauerhaft im Kopf hast beseitigen. Und ich kann nachfühlen, wie sehr das einen belasten kann.
Google doch mal nach RENOPAN. Dies ist ein Franchiseunternehmen das sich auf die Sanierung von belasteten Fertighäusern spezialisiert hat. Das Konzept welches die anbieten ist nicht schlecht, nur kann dies ggf. auch kostengünstiger ein guter Zimmermannsbetrieb leisten. Grundsätzlich werden dabei die Außenwände geöffnet und komplett entkernt. Die
Dampfsperre wird soweit vorhanden repariert und ausgebessert oder eine neue eingezogen. Ggf. kommt hierbei auch ein spezielles Schafwollflies zum Einsatz, denn
Schafwolle absorbiert und bindet Formaldehyd. Für andere Schadstoffe gibt es keinen glaubhaften Nachweis. Hier bin ich aber skeptisch, denn Schafwolle zieht Motten an und man will sich ja kein neues Problem ins Haus holen. Ich bin mir nicht sicher, aber wenn das Schafwollflies bereits gegen Motten behandelt wurde, hat man sich sogar neue Schadstoffe ins Haus geholt. Danach werden die Gefache mit Kalkmilch ausgestrichen. Dies tötet geruchsverursachende Bakterien ab und wirkt durch die Alkalität gegen Schimmel. Vorher kann man je nachdem ob man daran glaubt oder nicht ein Mittel gegen die Schadstoffe aufstreichen. Ein Mittel von der Firma Baden Chemie (Schadstoff EX) sperrt die Schadstoffe ab und soll sie sogar in unschädliche Stoffe umwandeln. Ich habe mir mal von Baden Chemie eine kostenlose Infomappe angefordert, die mich als kritischen Menschen ziemlich überzeugt hat. Kann ich Dir auch nur empfehlen. In die Gefache kommt als Dämmung dann flexible Holzwollematten oder
Hanf oder
Flachs oder was auch immer Dich glücklich macht, jedenfalls keine Glas- oder
Steinwolle mehr (Vorteil von mehr Masse = besserer
Hitzeschutz). Von Außen kommt dann je nach statischen Anforderungen eine aussteifende Platte (Gipsfaserplatte beispielsweise) und darauf ein Wärmedämmverbundsystem auf natürlicher Basis, beispielsweise Holzwolleplatten mit einem mineralischen Kalkzementputz. Steico hat da ein zertifiziertes Prduktbündel im
Angebot, einfach mal auf deren Website nachlesen. Renopan macht im Prinzip nichts anderes, die Kosten liegen ca. pro m2 Fassadenfläche bei 220-250 Euro.
Ich möchte Dir noch folgende Tipps geben:
1. Meide bei diesem Thema die Seite www.fachwerk.de!!! Dort gibt es viele Threads zu diesem Thema, die meisten aber nicht wirklich sachlich und regelrecht beängstigend. Dort wird von einzelnen Teilnehmern Stimmung gemacht gegen Fertighäuser, so als ob es neben Fachwerkbauten nichts anderes gäbe. Die Meinungen gehen dort fast ausschließlich in Richtung abreisen, Tot bringend und nichts wert. Auch werden viele gesundheitliche Probleme geschildert, bei denen ich bei manchen Beiträgen unterstelle, dass sie der Fantasie entsprungen sind um Panik zu verbreiten. So extrem sehe ich es nicht, wie bereits oben ausgeführt. Ich kann nur von mir reden, mir hat dieses Fachwerk-Forum extreme Bauchschmerzen bereitet und Dir und Deiner Familie würde ich das gerne ersparen.
2. Wesentlich gehaltvoller ist folgende Seite: http://www.timberwork.de/sanierung-und-energetische-modernisierung-von-holz-fertig-haeusern.html Dort hat ein fähiger junger Mann sich diesem Thema im Rahmen einer Diplomarbeit angenommen und sachlich und unabhängig an Beispielen ausgearbeitet.
3. Die Seite www.steico.de bietet ebenfalls eine ganzen Haufen Informationen. Um fair zu bleiben möchte ich erwähnen, dass Steico nur einer von vielen Herstellern von
Holzfaserdämmstoffen ist, aber mir der sympathischste. Beziehen kann man die Produkte nur im Fachhandel und nicht im Baumarkt, aber wenn Du einen netten Holzbaubetrieb in der Nähe hast, kannst Du bestimmt über die bestellen, falls Du mit
Eigenleistung an dieses Thema herangehen willst.
4. Das IFAU-Institut ist ein kompetenter Ansprechpartner in Sachen Formaldehyd und Holzschutzmittel. Einfach mal auf der Seite stöbern und telefonieren: http://www.ifau.org/fertighaus/fh_index.htm Bitte vergiss nicht, dass Formaldehyd nur ein Teilproblem ist und das wesentlich schwerwiegendere die Holzschutzmittel sind. Daneben natürlich auch die Chloranisole, denn diese machen die Problematik so lange sie zu riechen sind unvergesslich für Euch.
Ich wünsche trotz allem einen guten Rutsch ins neue Jahr und wenn noch Fragen sind zögere bitte nicht diese hier zu stellen. Ich bin gerne bereit, wenn ich kann, zu helfen.
Gruß,
Dominik