Hi Allseits,
ich hatte ja angekündigt, dass ich auch noch was zu dem Thema sagen wollte:
1. Vorbemerkung
Die nachfolgende kurze Darstellung besitzt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zur besseren Verständlichkeit enthält sie verfälschende Vereinfachungen. Sie kann und will daher eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Zu beachten ist besonders: aufgrund besonderer vertraglicher Vereinbarungen kann die arechtslage im Einzelfall anders sein.
2. Beispielfälle
Fall 1: Kauf-Kettenfall, Endkunde ist Unternehmer
Hersteller A verkauft
Fliesen an Großhändler B. B verkauft die Fliesen an Baumarkt C und C verkauft sie an den Handwerker D, der damit die Toilette seines Büros fliest. Nach Einbau stellt sich ein Mangel an den Fliesen heraus. Der Mangel lässt sich nur durch Austausch beheben.
Lösung
D kann die Lieferung neuer Fliesen verlangen. Die Kosten für Ausbau und erneuten Einbau sind in der Regel nicht erstattungsfähig. Es soll sich insoweit nicht mehr um Kosten Nachbesserung an/Neulieferung von den Fliesen handeln. Für D sind diese Kosten nur als Schadensersatz ersatzfähig. Das setzt voraus, dass dem Vertragspartner von D (Baumarkt C) ein Verschulden zur Last fällt. Bei Zwischenhändlern wird das nur selten angenommen. Eigene Ansprüche gegen A oder B stehen D grds. nicht zu. Das könnte aber in bestimmten Fällen aufgrund von Produkthaftung der Fall sein.
Fall 2: Kaufketten Fall, Endkunde ist Verbraucher
wie vor, aber D ist nicht Unternehmer, der die Sache für sein Unternehmen verwendet, sondern Verbraucher.
Lösung
In diesem Fall wird von der Rechtsprechung angenommen, dass die Einbau- und Ausbaukosten Teil der Nachbesserung sind. Begründet wird das mit einer
EU-Richtlinie, die das vorgeben soll. Baumarkt C ist daher wohl verpflichtet, neue Fliesen zu liefern, die alten auszubauen und die neuen einzubauen. Allerdings kann C Ausbau und Einbau verweigern, wenn die Kosten unverhältnismäßig hoch sind. macht C davon Gebrauch, hat Verbraucher D einen Anspruch auf eine angemessene Beteiligung von C an diesen Kosten. Dazu soll es wohl eine gesetzliche Neuregelung geben, die Einzelheiten hinsichtlich der Kosten bestimmt. An dem Grundsatz wird sich vermutlich erst einmal nichts mehr ändern.
Ist bei "Kaufketten" der letzte Abnehmer ein Verbraucher, kann der Verkäufer unter erleichterten Bedingungen Rückgriff gegenüber seinem Verkäufer nehmen, dieser wieder gegenüber seinem Verkäufer. Diese Rückgriffskette endet dann ggf. erst beim Hersteller. Zu diesem Rückgriff gehört insbesondere, dass C die Kosten für Ausbau-/Einbau oder ggf. die Kostenbeteiligung an seinen Verkäufer weiterbelasten kann. B kann damit A belasten.
Fall 3:
Haustechnikfall mit Kauf
Wie vor, aber C soll nicht Baumarkt sein, sondern ein Handwerker, der mit dem Verbraucher D einen KAUFVERTRAG abgeschlossen hat, wobei zu dem Verkauf auch die Montage gehört. Wichtig dabei ist, dass tatsächlich ein Kaufvertragsverhältnis zwischen C und D vorliegen soll. Da bei Fliesen in der Regel ein
Werkvertrag vorliegen wird, wollen wir hier unterstellen, dass es um irgend eine andere Kaufsache gehen soll, die aber zu montieren ist.
Lösung:
Wie Fall 2. C ist gegenüber D zu Neulieferung/Nachbesserung verpflichtet und muss dazu, wenn erforderlich die erste Lieferung ausbauen und sie wieder einbauen. In den Fällen, in denen die Montage durch den Käufer erfolgt, dürfte seltener von der vorstehend genannten Unverhältnismäßigleit auszugehen sein. In der Regel wird Handwerker C daher zu Ein- und Ausbau verpflichtet sein, ohne das wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern zu können.
Dafür kann C aber wie vor beschrieben auch wegen dieser Kosten Rückgriff nehmen.
Fall 4: Normalfall Haustechnik
Wie vor, aber wir wollen annehmen, dass der Vertrag zwischen C und D als Werkvertrag zu qualifizieren ist.
Lösung
C ist gegenüber D zu Neulieferung, Ausbau und Einbau verpflichtet. Die Möglichkeit, sich auf Unverhältnismäßigkeit zu berufen, wird es in der Regel nicht geben.
C kann von B die Lieferung einer neuen Sache verlangen. Die Kosten des Ausbaus und des Einbaus sind aber grds. nur ersatzfähig, wenn B ein Verschulden zur Last fällt, was in der Regel nicht der Fall ist. Die Erleichterungen des Kaufkettenfalls für den Rückgriff kommen nicht zur Anwendung, weil es eben an einem Kaufvertrag im Verhältnis zu einem Verbraucher fehlt. Da B für die Kosten nicht aufkommen muss, hat B auch keinen Rückgriffsanspruch gegen A.
ERGEBNIS:
Überraschenderweise ist es für den Hersteller und den Zwischenhändler besser, wenn zwischen dem Handwerker und dem Verbraucher ein Werkvertrag geschlossen wird und nicht ein Kaufvertrag. Zur Klarstellung: für die Einordnung als Kauf- oder Werkvertrag kommt es auf den tatsächlichen Inhalt/Vertragsgegenstand an, nicht auf die Bezeichnung.
3. Handwerker baut bauseits gestellte Materielien ein
Sind bauseits gestellte Materialien mangelhaft, gilt:
a) Der
Bauherr hat sie vermutlich irgendwo gekauft. Ist ein Ausbau- und ein Einbau erforderlich, ist das wie im Fall 2 zu beurteilen. der Bauherr kann also Rückgriff bei seinem Verkäufer nehmen. War der Mangel erkennbar (etwa für den Handwerker bei Einbau), muss sich der Bauherr gegenüber seinem Verkäufer aber möglicherweise ein Mitverschulden anrechnen lassen.
b) Ob der Handwerker verantwortlich ist, hängt davon ab, ob er eine Hinweispflicht verletzt hat (
Bedenken anmelden). Hat der Handwerker eine Hinweispflicht verletzt, ist er Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt. Da aber auch kaufrechtliche Ansprüche des Bauherrn gegen seinen Verkäufer bestehen, kann der Handwerker verlangen, dass ihm diese übertragen werden; dann kann der Handwerker ggf. Rückgriff in der Kaufkette nehmen (wegen des etwaigen Mitverschuldens s.o.). Da das Zukaufteil so oder so mangelhaft war (das ist eine Vorgabe des Beispielsfalls) bezieht sich die Gewährleistung dann auf die Einbau/Ausbaukosten. Das mangelhafte Teil selbst hat der Bauherr zu ersetzen.
Hat der Handwerker keine Hinweispflicht verletzt, ist er für den Mangel der auf bauseits gelieferten Materialien beruht, nicht verantwortlich.
c) Kernfrage ist daher, ob eine Hinweispflicht verletzt wurde. Das unterteilt sich in zwei Fragen auf: (1) besteht eine Hinweispflicht für einen bestimmten Umstand und (2) ist diese Hinweispflicht verletzt.
Zu diesen Gesichtspunkten kann abstrakt nichts gesagt werden. Kriterien könnten neben anderen sein:
- auf alles was der Handwerker erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, muss er hinweisen.
- je naheliegender und je größer ein Schaden sein kann, desto eher ist von einer Hinweispflicht auszugehen.
- kann etwas nicht beurteilt werden (weil bspw. nur durch eine zerstörende Prüfung feststellbar), muss vielleicht schon darauf hingewiesen werden.
- einzelne Hinweispflichten sind in den ATV (VOB/C) geregelt. Auch wenn deren Geltung nicht direkt vereinbart ist, kann sich ihre Geltung daraus ergeben, dass sie den Marktstandard wiedergeben.
- Verkehrsanschauungen zu Hinweis- und Untersuchungspflichten können sich im Laufe der Zeit ändern.
- Pauschale Hinweise (ich kann keine Gwährleistung für ihr Zukaufteil übernehmen...) dürften bei Lichte betrachtet rechtlich keine große Bedeutung haben, stellen aber vielleicht vor Gericht ein durchaus gewichtiges Argument dar.
Da die Beweislast für die Erfüllung einer Hinweispflicht beim Handwerker liegt, sollten Bedenkenanmeldungen beweisbar dokumentiert werden. Sollte die Geltung der VOB/B vereinbart sein, müssen Bedenken grds. schriftlich angemeldet werden (auch dann sind mündliche Bedenkenanmeldungen nicht unbedingt gegenstandslos).
4. Ergebnis
Bei einer rein rechtlichen Betrachtung, ist die Rechtslage für den Handwerker bei der Verwendung bauseits gestellter Materialien besser. Er haftet "nur", wenn er eine Hinweispflicht verletzt hat und kann selbst dann noch ggf. Regressansprüche gegenüber dem Verkäufer seines Kunden geltend machen (insbes. wenn der Kunde Verbraucher ist).
Rein tatsächlich kann sich die Sachlage natürlich anders darstellen. Etwa dann, wenn der Handwerker die Hoffnung hat, auch jenseits von rechtlichen Ansprüchen von seinem eigenen Lieferanten nicht im Stich gelassen zu werden oder wenn gar besondere vertragliche Vereinbarungen des eigenen Lieferanten bestehen. Es kann natürlich auch sein, dass die Lieferungen des eigenen Lieferanten nach den Erfahrungen des Handwerkers von hoher Qualität sind, während das vielleicht bei "Baumarkt-Zukaufteilen" nicht der Fall ist.
Noch Fragen?
CBTB