Gesamteinschätzung
Nach meinen Recherchen ist/war der Lohberger Heizungsherd LCP 80 (bzw. Variante LCP 75 B ) im Jahr 2018 der einzige (in Deutschland verfügbare) wasserführende Heizungsherd für Backen und Kochen der sowohl vollautomatisch mit Pellets wie auch manuell mit Stückholz (< 36 cm ) betrieben werden kann. Während Konstruktion und Design dem hohen Preisniveau angemessen sind, scheint der Hersteller auf dem für ihn neuen Gebiet einer Software-
Steuerung leicht überfordert zu sein. Besonders schmerzlich ist die geringe
Wasserleistung im Pelletbetrieb , die bei mir mehr als 1/3 unter der Herstellerangabe liegt. Wir betreiben ihn seit Frühherbst 2018 mehrere Stunden pro Tag,
Summary
The solid fuel-fired stove Lohberger LCP 80 (or variant LCP 75 B) has the unique combination of baking and cooking with connection to a water heating system and the choice of automatic operation with pellets or manual operation with wood. Mechanical construction and design are appropriate for the premium price. Instruction manual does not match the software delivered and the software behaves confusing in some respects. The major drawback is the power into water during pellet operation more than one third below specification. It is in operation since fall 2018 for a few hours per day everyday. For details in English please contact me directly.
Energieeffizienz
Die Papierform ist excellent. Wenn man genau nachrechnet kann sie aber nicht stimmen:
Heizwert Premium Pellets 4,6 kWh/kg ( bitte nicht mit
Brennwert 5,3 kWh/kg verwechseln )
Brennstoffverbrauch lt. Spezifikation : max 1,5 kg/h => 6,9 kW verfügbare Gesamtleistung
Wasserheizleistung lt. Spezifikation : 4,8 kW
Raumheizleistung lt. Spezifikation : 2,6 kW
d.h. das Gerät erzeugt aus 6,9 kW chemischer Leistung 7,4 kW Wärmeleistung , dies wäre ein Wirkungsgrad von 107% , dies ist natürlich unmöglich.
Von mir mehrfach gemessen und nach besten Wissen geprüft wurden 3 kW Wasserheizleistung (Steady-State nach ca. 2 h "Einschwingen"). Die Raumheizleistung kann ich mangels Meßlabor nicht messen. Unter der Annahme daß die Spezifikation stimmt ( wozu ich allerdings keine Veranlassung mehr habe ) käme ich auf 81% Wirkungsgrad. Das wiederum ist realistisch. Möglicherweise ist die Raumheizleistung sogar geringfügig höher. Mehr als 90% Wirkungsgrad dürften kaum drin sein.
Bei der elektrischen Hilfsenergie sieht es recht gut aus: ca. 200 Watt beim Zünden (angegeben sind 360W ) , ca. 50 Watt im Pelletförderbetrieb (wie angegeben) und < 6 Watt im Ruhezustand (nicht spezifiziert) , alles gemessene Werte. Damit ist das Gerät auch notstromtauglich.
Installation
Die Installation eines wasserführenden Herdes ist insofern eine Herausforderung, daß man mehrere
Gewerke braucht : Einen Lieferant (z.B. Ofenbaubetrieb) , einen Installateur für den wasserseitigen Anschluß , eine
Elektrofachkraft und last but not least den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. Mechanisch, hydraulisch und abgasmäßig gab es keine Mängelpunkte. Die Wasserleitungen wurden für die ersten 2 m als Druckschläuche ausgeführt, so daß man den Herd an die Wand schieben kann bzw. wieder abrücken kann. Außerdem benötigen wir hinter dem Herd mehr Platz als der Hersteller über das Lüftungsgitter suggeriert. Da sollte man sorgfältig planen.
Elektrisch schwächelt das Gerät in mehrfacher Hinsicht: Der Lieferant konnte die letzte Firmware nicht einspielen, da die Steuer-Platine mechanisch so montiert war, daß der Stecker niemals im montierten Zustand der Platine reingehen kann. Klassisches Koordinationsproblem zwischen den Gewerken Elektronik und Mechanik. Außerdem hat der
Pumpenausgang so "riesige" Leckströme ( 20 bis 30 mA ~ ), daß eine Ansteuerung eines Trennrelais scheitert, weil dieses nie abfällt, d.h. galvanische Trennung oder Ansteuerung einer Gleichstrompumpe wären nur mit hohem Aufwand machbar. Der normalen Hocheffizienzpumpe scheint es nichts auszumachen.
Ich kann es zwar nicht beweisen, habe jedoch den Verdacht, daß das Gerät vorsätzlich ohne
Internet nicht vollständig funktionstüchtig ausgeliefert wird. Damit erzwingt der Hersteller die Registrierung des Geräts beim Hersteller. Der Automatikbetrieb funktionierte jedenfalls bei mir nicht. Nachdem das Gerät temporär "nach Hause telefonieren" durfte, während ich mit dem Kundendienst redete, war das Problem weg, ohne das der Techniker angeblich diesbezüglich eine Änderung gemacht hätte. Der Techniker behauptete glatt, daß er den Herd kontaktieren kann. Ich habe versucht, ihm zu erklären, daß dies mit einer privaten IP-Adresse und NAT unmöglich ist, aber aus seiner Sicht erscheint es durchaus plausibel. Ich muß davon ausgehen, daß das Gerät mit kleiner Periode seine Existenz in die Welt posaunt und bald das Ziel irgendwelcher Hacker wäre (ferngesteuerter
Wohnungsbrand wäre doch mal was Neues als Angriffsszenario). Insofern bleibt der LAN-Stecker immer draußen. Das optionale
WLAN-Modul wäre reine Geldverschwendung. Der Techniker hat auf meine Anforderung hin auch zweimal die Restmenge an Pellets nach unten korrigiert, da ansonsten der Brenner viel zu früh ausgeht wegen angeblichen Pelletmangel. Dies liegt aber an der unglücklichen Montage des Sensors und der unglücklichen Gestaltung des Pelletbehälters.
Anleitung
Die Anleitung ist zwar auf Deutsch verfügbar. Sie enthält allerdings viele Fehler , manche davon durchaus signifikant. Manches ist auch einfach nur Unsinn (z.B. daß man bei Feststoffverbrennung die Kesseltemperatur regeln kann, würde mit einer drehzahlgesteuerten Pumpe tatsächlich gehen, macht aber wenig Sinn und tut man hier auch nicht) Am gravierendsten sind allerdings die großen Lücken bzw. Diskrepanzen zwischen Software bzw. tatsächlichem Verhalten und der Beschreibung. Wenn es nicht mal klar ist, wie genau das Gerät an bzw. ausgeht ( bzw. wieviel verschiedene Möglichkeiten es gibt) , dann sind dies m.E. signifikante Mängel. Jedoch konnte oder wollte der Hersteller mir auch nach telefonischem und email Kontakt keine aktuelle bzw. bereinigte Anleitung zur Verfügung stellen.
Vollkommen intransparent sind die versteckten "
Smart"-Funktionen, z.B. wenn man die Fülltüre länger offen hatte als eine undokumentierte Zeit, "denkt" das Gerät man hat es gereinigt und wirft einige Pellets in den Aschebehälter. Da man dies nicht will, wird man also vom Gerät dressiert, dies nicht zu tun. Die Funktion ist ja gar nicht so schlecht, ob die Kundschaft diese allerdings wie in einem Videospiel "entdecken" will, möchte ich bezweifeln.
Stress hatte ich auch, als einmal der
Sicherheitstemperaturbegrenzer ausgelöst hatte und der rote Rückstellknopf trotz Grafik in der Anleitung anfänglich unauffindbar blieb. Das Geheimnis verbarg sich hinter einer undokumentierten schwarzen Schraubkappe. Ich hatte mit der Pumpenleistung experimentiert. Man kommt wohl kaum drauf, aber der erforderliche Volumenstrom ist undokumentiert, obwohl für wasserführende Systeme eindeutig kritisch in der Systemauslegung.
Bedienung
Nach etwas Eingewöhnung und Selbstbeschränkung ist die Bedienung genauso intuitiv wie Knüppelschaltung für Fahranfänger , erst gar nicht und dann problemlos. Der Mensch gewöhnt sich an fast alles. Ich schalte das Gerät manuell gar nicht mehr ein oder aus, da dies vollkommen intransparent ist. Da man die Heizzeiten minutengenau programmieren kann, programmiere ich eben "einfach" ad-hoch eine neue Heizzeit. Positiv ist, daß man Heizzeiten im Programm haben kann, die aber an keinem Wochentag aktiv sind, d.h. de-facto sind sie lahmgelegt und können einfach durch Berühren eines Wochentags schnell scharf gemacht werden. Durch diese Vorgehensweise können wir das Ausschalten nicht vergessen und außerdem geht er dann trotzdem beim nächsten geplanten Startzeitpunkt wieder allein an. Der Manuelle Betrieb heißt übrigen "Plus" - da hat sich wohl das Marketing ausgetobt. "Hand" oder "Man" wäre wohl zu profan gewesen. Der Automatikbetrieb heißt aber nicht "Minus" sondern - Tra-Tra - "Auto". Worauf ich mangels Beschreibung auch nie gekommen wäre : Die Meldung "Zeitprogramm deaktiviert" (an der Stelle wo auch die anderen Fehler erscheinen) bedeutet in der Übersetzung aus dem Österreichischen ins Deutsche (sorry der mußte jetzt sein) : Das Zeitprogramm ist aktiv und das Gerät wird zu den programmierten Zeiten vollautomatisch geschaltet. Wenn die Meldung verschwindet und nur die Betriebsart "Auto" dasteht , geht nichts mehr automatisch. Ich denke, daß dies wahrscheinlich unter negativer Logik zu verbuchen ist.
Schön wäre gewesen, wenn die Puffertemperatur ständig im Display sichtbar sein könnte. Sie bleibt nur einige Minuten sichtbar. So bleiben wir aber täglich mit dem Gerät mehrfach in Kontakt, selbst wenn wir gerade unseren großen Ofen befeuern. Leider geht die Anzeige um 7
Kelvin nach (es liegt nicht am Fühler), d.h. wir müssen eben immer im Kopf 7 addieren. Aber wie ich schon sagte, man gewöhnt sich an alles, auch an 93° C Siedepunkt. ( den es zu vermeiden gilt ).
Kochen und Backen funktionieren auf dem von uns gewählten Ceranfeld einwandfrei. Im Backfach werden im Pellet-Wasser-Winterbetrieb ca. 180°C erreicht. Den sogenannten Sommerbetrieb (erfordert Abnehmen des Kochfeldes zur Umstellung) haben wir noch nicht getestet, werden wir wohl auch nicht brauchen. Durch Einlegen des "Turbos" in Form von zwei
Holzbriketts leicht auch 200°C. Mehr möchte meine Frau im allg. auch nicht haben. Wenn man je ein Brikett vorn und hinten in die Brennkammer stellt, so daß die Flamme frei bleibt , kann der Flammtemperaturfühler die Briketts nicht erkennen und fördert weiter Pellets, d.h. die Leistung steigt. Wenn man mit Briketts oder Stückholz der Flamme den Weg versperrt, erkennt die Steuerung den Stückholzbetrieb und stellt die Pelletförderung ein. So kann man die Steuerung im eigenen Sinne manipulieren.
Abends stelle ich oft zwei Briketts in die Brennkammer, so daß er am frühen Morgen vor dem Aufstehen schneller heiß wird.
WartungFür die regelmäßige Reinigung ist ein Aschesauger unverzichtbar. Die recht komplexe Konstruktion ist gut durchdacht und läßt sich an den meisten Stellen gut reinigen. Die beiden Aschebehälter muß man ca. alle 7 bis 14 Tage leeren ( bei ca. 4 bis 5 h / Tag plus etwas mehr am Wochenende ). Nach 250 Stunden fordert die Steuerung den Benutzer "offiziell" zu einer großen Reinigung auf. Dies kann man selbst quittieren. Es sammelt sich doch recht viel Asche an, daß man gut beraten ist, diese Reinigung auch durchzuführen. Laut Anleitung muß nach 2000 h ein Fachbetrieb ran. Dies wird bei uns wohl nach ca. 1,5 Jahren der Fall sein.
Verarbeitung/Design
Design ist natürlich Geschmackssache. Aus unserer Sicht ist das Gerät eine sehr gute Umsetzung klassischer und moderner
Verbrennungstechnik auf engstem Raum in einem stilvollen Äußeren. Alle mechanischen Elemente machen einen robusten und wertigen Eindruck. Ein Lackierfehler aus der Produktion wurde anstandslos in kurzer Zeit durch Lieferung und Montage eines Ersatzteils behoben. Die robuste Schublade unter dem Backfach faßt 25 kg Holzbriketts. Das Backfach hat einen hochwertigen, leichtgängigen Vollauszug. Negativ fällt der Pelletbehälter aus dem Rahmen: Diverse spitze
Schraubenenden ragen ins Innere. Diese bergen nicht nur ein Verletzungsrisiko beim Reinigen, sondern hindern noch einige Pellets mehr am Fallen in ihre Bestimmung. Das effektive Volumen wird durch waagerechte Flächen zusätzlich verkleinert, da der Schüttwinkel Pellets auf Pellets schlechter als Pellets auf Blech ist. Dadurch entsteht das scheinbare Paradoxon, daß ein Behälter mit mehr Volumen häufiger nachgefüllt werden muß als eventuell ein kleinerer Behälter mit optimierten schrägen Blechen. Im Auslieferungszustand schafft man es jedenfalls im Alltag nicht, jeweils einen 15 kg-Sack Pellets komplett einzufüllen.
Sonstiges
Positiv ist, daß der Hersteller eine Telefonhotline hat und bei 3 Versuchen zweimal gut erreichbar war. Der Mitarbeiter war freundlich und alles was per Remotezugriff machbar war, hat er getan. Alles darüber hinaus wird allerdings geblockt, so mein Eindruck. Klar Post-Sales wird ja auch kein Umsatz mehr erzeugt.
In der Steuerung steckt eine SD-Card auf der allen Ofendaten in einer ASCII-Datei abgespeichert werden ( Minutentakt , Semikolon separated values ). Um an die Karte zu gelangen muß man allerdings die Frontplatte abnehmen, was nicht ganz trivial ist ( habe zweimal zuschauen dürfen wegen das Lackschadens).
Positiv ist auch, daß Lieferant und Hersteller den Anschluß einer Pelletförderungsanlage tolerieren bzw. unterstützen.
Für den Winterurlaub habe ich mir einen zerlegbaren Wochenbehälter aus 4
Stahlblechen und 3 M8-Gewindestangen gebaut, in den 60 kg Pellets passen. Dieser wird einfach in den Tagesbehälter gestellt. Im nächsten Sommer ist eine vollautomatische Förderanlage aus dem Keller geplant.
Unter der Voraussetzung daß man wenigstens die Pumpe mit den erforderlichen 10 bis 20 Watt versorgt (z.B. aus einem Auto oder einer
USV), soll das Gerät auch stromlos mit Stückholz funktionieren (Notbetrieb). Es besitzt dafür eine Anheizklappe zum tempären Verkürzen und Verbessern des Zugs. Bei der wasserlosen Variante benötigt man natürlich dann gar keinen Strom. Getestet haben wir diese Notfunktion noch nicht. Nach unserer langjährigen Holzheizerfahrung gibt es aber kaum Zweifel daß dies funktioniert, eventuell eben mit geringerem Wirkungsgrad und schlechteren
Emissionswerten. Aber im Notfall hat man wohl andere Sorgen als Wirkungsgrad und Emissionswerte oder Bedienung per Touchscreen. Diese Notfunktion war für uns ein wesentlicher Pluspunkt bei der Entscheidung Pro oder Contra.
Wir sind insgesamt zufrieden mit dem Gerät, da es in unser Heizkonzept paßt. Da das Heizen mit Pellets in diesem Gerät ein teurer Luxus im Vergleich zu unseren großen Stückholzofen ist begrenzen wir diesen Luxus im allgemeinen auf < 0,5 Sack pro Tag.