... zuerst kommt das Aushärten, also die chemische Reaktion, die sollte man ohne Erwärmung ablaufen lassen, danach kommt die Trocknung, die kann man unter Wärmezufuhr machen. Nur: unter welchen Temperaturen am besten? Und da komme ich, wenn ich mir die Chemie und Physik der Sache ansehe, zu anderen Ergebnissen als die Trocknungsprogramme vorgeben.
Zuerst die Chemie von Zementestrich, ohne Berücksichtigung eventueller
Additive.
Die läuft ab wie bei "normalem" Zement, also eine mehrphasige Hydratation. Die letzte, langsame Phase dieser "Aushärtung" ist nach 28 Tagen "zu 90% abgeschlossen", genauer: der Zementestrich hat nach dieser Zeit 90% seiner maximal möglichen Druckfestigkeit.
Frühzeitige Wärmezufuhr während der Hydratation stoppt lokal (durch
Wasserentzug) den Hydratationsprozess und vermindert die Festigkeit des Estrich, führt zu Spannungen, ergibt Risse...
Allerdings arbeitet man bei Estrich mit sehr hohem
Wasseranteil, weil er dann einfacher in eine ebene Fläche zu verarbeiten ist. Wasser/Zement von etwa 0.4 wäre optimal, alles Wasser würde bei der Reaktion aufgebraucht, nichts bliebe übrig. Bei Estrich nimmt man (so weit ich weiss) Wasser/Zement um 0.75.
Es bleibt also nach der Reaktion eine ganze Menge Wasser im Estrich, das aus dem Estrich herausdiffundieren muss. Vor allem aus dem unteren Bereich dauert das sehr lange, senn von da aus geht nach der Hydratation fast nichts mehr über Kapillare, sondern nur noch über
Diffusion.
Nach "Abschluss" der Chemie kommt die Physik: das übriggebliebene Wasser soll aus dem Estrich raus, damit Schrumpfungs- und Verformungsprozesse vorm Belegen weitgehend abgeschlossen sind.
Diese Trocknung dauert unter Wärmezufuhr natürlich wesentlich weniger lange, als wenn man den Estrich einfach so vor sich hintrocknen lässt.
Aber ich bin der Meinung, dass dieser Trocknungsprozess unter wohlüberlegten Temperaturen stattfinden sollte, und nicht "heftiger" als unbedingt nötig.
Die Temperaturen während der Trocknungsphase sollten nach meiner Meinung keinesfalls höher sein als als die zu erwartende maximale Temperatur im späteren Heizbetrieb, also bei "modernen" Bauten unter 35°C bleiben. Höhere Temperaturen während der Trocknung
- erzeugen (neben - vor allem vertikal - inhomogener thermischer Ausdehnung) lokal und kurzzeitig sehr geringen Wassergehalt in der Zone um das Rohr, das baut Spannungen auf, die später (langfristig) wieder abgebaut werden müssen.
- führen daher unnötigerweise zu kleinen Rissen im Estrich um das FBH-Rohr herum, das verschlechtert u.a. dauerhaft die Wärmeübertragung vom Rohr auf den Estrich.
Ein weiterer Aspekt: die Spreizung ergibt u.U. lokal hohe laterale Temperaturgradienten im Estrich (vor allem wenn der Rücklauf einer FBH-Schleife nicht weit vom Vorlauf entfernt durch den Estrich läuft), und das hat gerade bei hohem Temperaturniveau ziemliche Spannungen in der Platte zur Folge. Diese Spannungen führen unweigerlich zu Rissbildungen, und die Risse schließen sich nach Abkühlen der Platte nicht mehr vollständig, es bleiben also permanent "inverse" Spannungen.
Also: Estrichtrocknung am besten mit niedriger Spreizung fahren: hoher Volumenstrom (Heizkreispumpe auf maximale Leistung), niedrige
Heizleistung (Heizstab aus).
Und die Spreizung sollte in _allen_ Kreisen so niedrig wie möglich sein, also frühzeitig bei noch sehr niedrigen
Vorlauftemperaturen an den
Verteilern prüfen, ob alle Heizkreise gleiche Spreizung (also gleiche Rücklauftemperatur) haben.
Alles sicher im "Normalfall" nicht katastrophal, aber in jedem Fall kontraproduktiv für Wärmeleitung und Festigkeit.
Meine Meinung also: macht die Trocknung nicht mit höheren als den zu erwartenden maximalen Heiztemperaturen, lieber etwas niedriger, und mit möglichst geringer Spreizung.
Gruß
Bernd..