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18.03.2023 18:50:51 |
Hallo zusammen,
für die Berechnung der Gebäude-Heizlast gibt es ja verschiedene Verfahren. Im Bestand/Altbau ist ja auch das Verbrauchsverfahren (VV) zugelassen. Hüllflächen-Verfahren (HFV) geht nach meinem Verständnis von einem leeren Gebäude aus, so dass solare Gewinne, die Körperwärme der Personen und auch die gespeicherte Wärme der Möbel nicht berücksichtigt sind, die im VV ja schon enthalten sind. Insofern sind beim VV ja generell niedrigere Werte für die Heizlast zu erwarten als im HFV, richtig?
Die Auslegung auf Basis des HFV führt ja dann quasi immer zu einer Überdimensionierung, oder? Gibt es da Richtwerte für die Unterschiede? Ich bin überrascht, wie extrem der Unterschied bei uns ist. Im gleichen Programm (heizreport.de) habe ich beim VV 15,9 kW und beim HFV 22,5 kW raus. Hinzu kommt, dass umgesetzte energetische Maßnahmen im VV noch nicht berücksichtigt sind, die im HFV angesetzt sind. VV wird also weiter runter gehen (12-14 kW erwartet), Differenz wird dadurch noch größer ca. 13 kW vs. 22,5 kW.
Ist das realistisch und erklärbar?
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18.03.2023 19:04:56 |
Woher sollen wir wissen, ob du beim HFV die richtigen Werte angesetzt hast. Wie willst du den korrekten Ht wert ermitteln?
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18.03.2023 19:16:45 |
Grundsätzlich richtig verstanden, wobei im Normheizlastverfahren (Hüllflachenverfahren) auch eine Dämpfung je nach Gebäudeschwere berücksichtigt werden kann, und entsprechend durchaus thermische Trägheit simuliert. Nicht unbedingt die gespeicherte Wärme in Möbeln, aber quasi das was du meinst. Wie genau das auf Heizreport.de abbildbar ist, weißt du besser als ich. Die Normheizlast (über die du übrigens auch verlässliche Werte der Raumheizlast bekommst, bekommst du beim VV nicht) verfolgt einfach den Ansatz, das Gebäude im Worst Case warm zu bekommen. Heißt: keine inneren Lasten wie Personen und Geräte (Urlaub z.B.) bei gleichzeitig fehlender Solarerträge über die Fenster. Unterschiede können sich daher meiner Erfahrung nach schon in deinen benannten Größenordnungen bewegen, aber kommt auch immer sehr aufs Gebäude an. Bei viel Verglasung ist die Normheizlast beispielsweise nochmal größer als der Verbrauchsansatz, weil dieser höhere Wärmeeinträge über die Verglasung eben berücksichtigt.
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18.03.2023 19:45:12 |
An sich gibts nur EINE Heizlast, die "netto ohne alles" an Wärmeeinträgen. DARAUF wird die Anlage ausgelegt. Es sei denn man kann die Wärmeeinträge zuverlässig verifizieren und vereinbart das in der Anlagenauslegung. Aber: scheint die Sonne zuverlässig? Hat man elektrische Abwärme und Personen auch dann wenns drauf ankommt?
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18.03.2023 23:10:31 |
Ich verstehe offen gestanden nicht, warum man bei einem Bestand / Altbau etwas anderes als das Verbrauchsverfahren in Erwägung zieht. Klar sind die anderen Methoden nützlich wenn keine Verbrauchsdaten vorliegen, z.B wenn am Haus Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden oder bei Neubauten. Aber was will ich mehr als den tatsächlichen Verbrauch um die benötigte Heizlast für ein Haus zu bestimmen? Signifikante Abweichungen durch andere Verfahren zeigen nur wie unzuverlässig diese anderen Methoden sind. Dasselbe Theater hatten wir schon bei den Energieausweisen. Kann da jedem nur empfehlen Energieausweise nach dem Verbrauchsverfahren zu nehmen. Deutlich preiswerter ist ihre Erstellung auch. Bei anderen Verfahren werden dann Dämmwerte und dergleichen z.B. aufgrund des Baujahres geschätzt und eine Genauigkeit vorgetäuscht, die nur auf dem Papier steht. Kein Mensch weiß so genau bei einem Altbau welche Wärmebrücken vielleicht vorhanden sind und vieles andere. Eine brauchbare Baubeschreibung existiert eher selten. Das Ganze ist viel komplizierter und aufwendiger und genügt irgendwelchen bürokratischen Normen und ist damit rechtssicher, aber genauer ist das keinesfalls eher weniger. Und die Gewohnheiten der Hausbewohner, was Wärmekomfort und Wasserbedarf betrifft kann man beim Verbrauchsverfahren meist in Erfahrung bringen.
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18.03.2023 23:24:56 |
Also ganz witzig finde ich ja die „in den Möbeln gespeicherte Wärme“, aber egal… So, es braucht ein Verfahren mit dem man erstens einmal ohne Verbrauchsdaten arbeiten kann, die sind nämlich oft nicht bekannt, im Neubau immer, im Altbau auch nicht selten. Dann braucht man ein Verfahren, mit dem man Gebäude bewerten und vergleichen kann. Es geht hier um das „Gebäude“ an sich, nicht um das Nutzerverhalten. Es wird hier in den kommenden Jahrzehnten um Billionen kosten, Fördermittel, Gerichtsverfahren, Polizeieinsätze, psychologische Notfallseelsorger und ähnliche Erscheinungen gehen. Gemäß Propaganda geht es darum den Weltuntergang aufzuhalten, nicht mehr und nicht weniger. Und schon aus diesem Grund ist das betrugsanfällige (und aus vielerlei anderen Gründen unschöne) Verbrauchsverfahren eigentlich ein Unding. Das ist ein Relikt aus der guten alten Zeit in der man Fünfe auch mal grade sein ließ. Btw. Man zahlt beim Auto KfZ-Steuer gemäß irgendeiner eigentümlichen Formel, so ungefähr Steuer=Hubraum x Voodoo. Kannst da ja mal hingehen und mit deinen Rechnungszettelchen von der Tankstelle aufschlagen und Minderung verlangen, weil „so viel brauch ich ja gar nicht!“. Viel Erfolg.
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18.03.2023 23:27:04 |
Zitat von rhm1  Ich verstehe offen gestanden nicht, warum man bei einem Bestand / Altbau etwas anderes als das Verbrauchsverfahren in Erwägung zieht. Klar sind die anderen Methoden nützlich wenn keine Verbrauchsdaten vorliegen, z.B wenn am Haus Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden oder bei Neubauten.[...] Weil es hochgradig betrugsanfällig ist und schon prinzipiell eher das Nutzerverhalten als die energetische Qualität des Gebäudes wiederspiegelt?
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18.03.2023 23:35:02 |
Also wenn jemand sich eine neue Heizung einbauen lassen will, was im Moment ja meistens auf eine Wärmepumpe hinausläuft, dann will er sich selbst betrügen? Und wenn ich betrügen will geht das unter Garantie auch mit den anderen Verfahren. So ein Quark...
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18.03.2023 23:55:09 |
Neee, man braucht für eine gute Anlagenplanung im Grunde immer BEIDES.
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19.03.2023 02:10:39 |
Zitat von rhm1  Also wenn jemand sich eine neue Heizung einbauen lassen will, was im Moment ja meistens auf eine Wärmepumpe hinausläuft, dann will er sich selbst betrügen? Und wenn ich betrügen will geht das unter Garantie auch mit den anderen Verfahren. So ein Quark... In dem einen Sonderfall, in dem der Nutzer des Gebäudes das mit bekanntem Heizverhalten so für sich selbst macht geht das. In allen anderen Fällen ist das Pfusch und Murks, wenns der Profi gegen Geld macht nur zufällig nicht mangelhaft. Nur weil das bei dir in deinem Miniuniversum zufällig passt, ist das noch lange kein verallgemeinerbares Verfahren.
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28.03.2023 14:00:36 |
Zitat von schorni1  Neee, man braucht für eine gute Anlagenplanung im Grunde immer BEIDES. Und was mach ich dann wenn die beiden Verfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, was sie fast immer tun? Beim Hüllflächenverfahren kommt bei mir ein Heizbedarf jenseits von 17 Kw raus, nach dem Verbrauch reicht auch 12 Kw. Und nun? Bei einem Bestands-Altbau nach dem Hüllflächen-Verfahren werden U-Werte eigentlich immer geschätzt, gemäß "Erfahrungswerte" aufgrund von Baujahren und das für alle möglichen Gebäudeteile und Sanierungsvorgänge. Selbst wenn die stimmen sollten weiß kein Mensch wie sorgfältig beim Bau bzw. späteren Sanierungen vorgegangen wurde. Schon das Schließen von Wärmedurchgangskoeffizienten der Hersteller auf den tatsächlichen U-Wert nach dem Einbau ist problematisch. Der aktuelle Verbrauch der letzten Jahre scheint mir da wesentlich weniger fehleranfällig zu sein. Im Übrigen haben wir das Ganze bei den Energieausweisen schon durchgehechelt. Bedarfsausweise unterscheiden sich meist signifikant von Verbrauchsausweisen und nicht deshalb weil bei Verbrauchsausweisen leichter geschummelt werden kann. . Unabhängige Untersuchungen haben gezeigt, daß die Angaben in Bedarfsausweisen für dasselbe Gebäude je nach Ersteller großen Schwankungen unterliegt. Kleiner Tip: Wenn Sie ihr Haus verkaufen wollen, lassen Sie einen Bedarfsausweis von einem halben Dutzend "Sachverständigen" erstellen und nehmen sie dann den Günstigsten. Das Geld ist gut angelegt.
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28.03.2023 19:09:21 |
Zitat von rhm1  Zitat von schorni1  [...] Und was mach ich dann wenn die beiden Verfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, was sie fast immer tun? Beim Hüllflächenverfahren kommt bei mir ein Heizbedarf jenseits von 17 Kw raus, nach dem Verbrauch reicht auch 12 Kw. Und nun? Bei einem[...] Es sind komplett verschiedene Verfahren für unterschiedliche Anwendungsfälle. Ich weiß nicht, warum man immer auf Teufel komm raus Äpfel mit Birnen vergleichen muss? Schorni hat schon Recht, für die Raumheizlast sollte auf jeden Fall die Normheizlast/Hüllflachenverfahren verwendet werden. Bei der Gebäudeheizlast kann man sich streiten, ob man im EFH den Wärmeerzeuger nach der Normheizlast oder dem Verbrauchsverfahren ermittelt. Im Mehrparteienhaus/vermieteten Immobilien oder gar Nichtwohngebäude würde ich da im Leben nicht drauf kommen, ein Verbrauchsverfahren anzuwenden.
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28.03.2023 19:30:13 |
Ja, bei unterschiedlichen Heizlast-Ergebnissen zwischen Theorie (berechnet) und Praxis (Verbrauchsmessung) muss man das mit dem Nutzer besprechen. Nämlich wie der Verbrauch entstanden ist, also wie die Nutzung/Beheizung des Gebäudes erfolgt. Dann klärt sich das meist recht schnell auf und man weiß wo man liegt. Meist gibts aber leider immerwieder dumme Diskussionen. Nämlich wenn sich der Nutzer als sehr sparsam ausgibt und sich das ja auch belegen lässt, aber derselbe dann wiederum auf eine "Leistungsreserve", also Überdimensionierung hinwirkt, obwohl die Anlage ja selbst auf passende Auslegung immer über-dimensioniert ist. Dieselben Prügel-Kandidaten sind die welche so abgehärtet sind, dass sie großartig "auch bei Frost mit offenem Fenster schlafen"...sich aber dann beim nächtlichen WC-Gang über den "kalten Heizkörper" beschweren. Da braucht man als mal wirklich nen Hammer....
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28.03.2023 21:36:37 |
Es geht hier doch um eine eigene Ermittlung, eventuell DIY, da ist das Verbrauchsverfahren doch ok. WMZ wäre natürlich am besten. U-Werte kann man im Winter auch selber ermitteln durch Messungen, dann geht auch Hüllfläche im Altbau. Ansonsten sind geschätzte U-Werte für Wand in sehr alten Häusern echt schwierig.
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28.03.2023 22:06:50 |
Zitat von Entropie  Es geht hier doch um eine eigene Ermittlung, eventuell DIY, da ist das Verbrauchsverfahren doch ok. WMZ wäre natürlich am besten. U-Werte kann man im Winter auch selber ermitteln durch Messungen, dann geht auch Hüllfläche im Altbau. Ansonsten sind geschätzte U-Werte für Wand in sehr alten Häusern[...] Ich klinke mich mal hier ein. Ja, Ermittlung fürs eigene Haus. DIY möglicherweise. Bin am Infos sammeln für einen Umbau. Ich hoffe ich komme mit meiner Gastherme noch ins nächste Jahr (die fängt an zu zicken) und kann mich bis dahin vorbereiten und noch einen Winter Daten sammeln. WMZ werde ich demnächst einbauen, aber der jetzige Winter ist quasi vorbei. Wie ermittelt man den U Wert selbst? Ist hier „der totale U Wert über alles“, also das gesamte Haus mit allem drum und dran und drin gemeint?
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28.03.2023 22:31:50 |
Nein, es kommt auf den individuellen U-Wert des jeweiligen Bauteils drauf an.
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28.03.2023 22:56:32 |
Zitat von Privatmann2020  Zitat von Entropie  [...] Ich klinke mich mal hier ein. Ja, Ermittlung fürs eigene Haus. DIY möglicherweise. Bin am Infos sammeln für einen Umbau. Ich hoffe ich komme mit meiner Gastherme noch ins nächste Jahr (die fängt an zu zicken) und kann mich bis dahin vorbereiten und noch einen Winter Daten[...] Ubakus ist denke ich ein weit verbreitetes Programm für die U-Wert-Bestimmung.
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28.03.2023 23:03:14 |
Zitat von Entropie  U-Werte kann man im Winter auch selber ermitteln durch Messungen, [...] Wie macht man das?
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29.03.2023 08:14:20 |
Zitat von Privatmann2020  Wie macht man das? So macht man das. Und hier ein Berechnungsblatt dazu, (ist aus alten Unterlagen.)Alles kar? MfG. Schmitt
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29.03.2023 08:27:56 |
Zitat von Privatmann2020  Zitat von Entropie  [...] Wie macht man das? Professionell z.B. so: TestoPraktisch zu Fuß z.B. so: UbakusDie Kommentare unter dem Text bei Ubakus sind recht interessant. Eines dürfte klar sein, die Qualität der Messung ist entscheidend.
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29.03.2023 12:09:22 |
Zitat von Entropie  Professionell z.B. so: ... Praktisch zu Fuß z.B. so:...
Danke für die Erklärung :) Soweit ich das sehe, würde das ziemlich viel Aufwand verbunden mit Glück bzgl. der Außentemperatur bedeuten, mit vermutlich ungenauen Ergebnissen. Da kann ich in der Praxis auch bei theoretischen Annahmen auf der Basis "best guess" bleiben, denke ich. Sowie den Verbrauchswerten, dem Wissen übers eigene Nutzerverhalten und dem was ich mit normalen Mitteln messen und probieren kann. Manchmal wünsche ich mir einen Neubau... ;)
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29.03.2023 12:51:50 |
Zitat von Privatmann2020  Manchmal wünsche ich mir einen Neubau... ;) Ob dann alles besser wäre? Hab mir einen neuen Wohnwagen gekauft...und manchmal wünsche ich mir meinen 25 Jahre alten zurück ;-) Zum Thema: Heizlast nach Verbrauch über Jahre bei möglichst unverändertem Nutzerverhalten sollte bei selbstbewohnter Immobilie schon ganz gut passen. Die nach bestem Wissen & Gewissen ermittelten raumweisen Heizlasten zB liegen bei mir deutlich höher als die Gesamtheizlast nach Verbrauch...
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