Beim Kauf von Baumaterial oder technischer Ausstattung unterliegt der Handwerker der handelsrechtlichen Rügepflicht. Kommt er dieser nicht nach, hat er im Gegensatz zum privaten Verbraucher keinen Anspruch auf Gewährleistung. Zeigen sich Materialmängel erst nach Montage oder Installation, ersetzt der Hersteller zwar das Material, nicht aber unbedingt die Aus- und Wiedereinbaukosten. Das ist ein hohes Haftungsrisiko für den Handwerker – im Gegensatz zum Endkunden steckt er in der Kostenfalle, wenn es um Ein- und Ausbau geht!
Hohes Haftungsrisiko für den Handwerker: die Aus- und Wiedereinbaukosten, wenn die Ware - hier ein Teppichboden – mangelhaft ist. Auf dem Dach montierte Photovoltaikanlagen: Zwei oder fünf Jahre Gewährleistung, das ist die Frage. Bilder: LBS Ist der Handwerker auch Kaufmann? Oder ein Hersteller? Oder einfach ‚nur‘ Verbraucher? Das sind keine spitzfindigen akademischen Fragen – die Antwort kann über Sein oder Nichtsein eines Betriebes entscheiden! Denn danach entscheidet sich, wer im Mängelfall was wofür bezahlt – und wofür es kein Geld gibt.
Zunächst: Als Gewerbetreibender ist der Handwerker auch Kaufmann, unabhängig von einem Eintrag im Handelsregister. Das ist wichtig für den beiderseitigen Handelskauf, wenn also beide Handelspartner Gewerbetreibende oder Kaufleute sind. Im Unterschied zum Verbraucher unterliegt der gewerbliche Käufer nämlich der Rügepflicht. Oder in schönem Juristendeutsch - ihn trifft die Mängelrügeobliegenheit: Er muss die gekaufte Ware auf Mängel untersuchen. Die Frist dafür beginnt mit der Anlieferung. Offene Mängel sind sofort zu rügen, versteckte Mängel unverzüglich nach der Entdeckung und innerhalb der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren, wenn die nicht vertraglich verlängert wurde. Bei Bauwerken und Bauteilen beträgt die Gewährleistungspflicht fünf Jahre. Kommt der Handwerker seiner Rügepflicht nicht nach, verliert er den Anspruch auf Gewährleistung. Das alles regelt der § 377 des HGB.
Übrigens, es ist derzeit noch nicht endgültig geklärt, ob für auf dem Dach montierte Photovoltaikanlagen die zwei- oder die fünfjährige Gewährleistungspflicht gilt. Der Bundesgerichtshof sieht in seinem Urteil vom 09. Oktober 2013 eine auf einer Scheune montierte Anlage nicht als Bauteil an und entschied für zwei Jahre Gewährleistungspflicht. (AZ: VIII ZR 318/12) Auf freiem Feld installierte Photovoltaikanlagen gelten aber in jedem Fall als Bauwerk mit einer entsprechenden fünfjährigen Frist.
Seit 2008 tragen Handwerker ein größeres Risiko, was die Aus- und Wiedereinbaukosten im Falle einer Gewährleistung für mangelhaftes, schon verbautes Material angeht. Bis dahin mussten die Lieferanten diese Kosten auch übernehmen, zusätzlich zu dem Materialersatz. Im Zuge einiger Urteile sowohl des Bundesgerichtshofes als auch des Europäischen Gerichtshofes wurden zwar die Verbraucherrechte verstärkt: Sie können im Falle einer Gewährleistung die Materialkosten und die Aus- und Wiedereinbaukosten vom Verkäufer beanspruchen. Das gilt aber nicht für den beiderseitigen Handelskauf, wie der BGH entschied: Handwerker haben im Falle der Gewährleistung keinen Anspruch auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten. (BGH-Urteil VIII ZR 928/11) Das aber kann zu Kosten führen, die einen Handwerksbetrieb in die Insolvenz treiben. Gegen diese Haftungsfalle wendet sich die „Fairplay-Initiative für das Handwerk“: Bis zum Frühjahr 2015 wollen die Initiatoren 50.000 Stimmen für eine Online-Petition sammeln.
Links: www.miteinerstimme.org