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News vom 27.01.2016

10 Millionen „gute“ Bakterien im Wasserglas

Dank neuer Messmethoden entdecken schwedische Mikrobiologen bisher unbekannte Bakterienkolonien in Leitungen und Wasserzählern. Sie schlagen vor, künftig diese Populationen für eine noch bessere Trinkwasserhygiene zu nutzen.

„Gute“ Bakterien halten das Trinkwasser rein, sagen schwedische Mikrobiologen. Bild: epr/watercat
„Gute“ Bakterien halten das Trinkwasser rein, sagen schwedische Mikrobiologen. Bild: epr/watercat

Alien-Alarm! Komplettes Ökosystem mit unbekannten Lebensformen entdeckt; so berichten schwedische Wissenschaftler!  Aber nicht auf dem Mars, sondern auf der Erde. Und in einer Konzentration von 10 Millionen Exemplaren pro Glas Wasser! Das Wasser stammt jedoch nicht aus einem See oder Fluss, es war auch kein Abwasser. Das pralle Leben tobt im Trinkwasser! Ein Team von Mikrobiologen der Universität Lund fand in Südschweden eine komplette Biosphäre von Mikroben, die mit den üblichen Methoden gar nicht zu entdecken sind. Catherine Paul und ihre Kollegen nahmen stattdessen Proben an den Innenseiten von sechs verschiedenen Trinkwasserleitungen und Wasserzählern. Diese untersuchten sie mit einer DNA-Analyse nach den diversen Arten von Bakterien, indem sie gezielt Abschnitte der ribosomalen RNA extrahierten und isolierten.

Weniger als ein Prozent der im Trinkwasser vorkommenden Bakterien seien überhaupt kultivierbar, so das schwedische Team. Deshalb seien neuere Methoden wie DNA-Sequenzierung und Durchflusszytometrie erforderlich, um ein kompletteres und detaillierteres Bild der mikrobiellen Gemeinschaften im Trinkwasser zu erhalten. Vor allem das sogenannte „Sequentieren der nächsten Generation“  halten sie für eine geeignete Methode, ohne Kultivierung ein äußerst detailliertes Bild dieser Lebensgemeinschaften zu erhalten.   

Die Bakterie – dein Freund und Helfer

Und die Ergebnisse waren in der Tat überraschend: In einem Milliliter Wasser lebten bis zu 80.000 Bakterien. Mehr als tausend unterschiedliche Arten fanden sich in den Biofilmen der Leitungen. Eine Art war mit 22 bis 40 Prozent am meisten vertreten, die Sphingomonodacea. Die sind dafür bekannt, in Gewässern und Böden organische Schadstoffe abzubauen. Sie halten wohl als „gute“ Bakterien das Trinkwasser rein. Auch sind sie resistent gegen Chlor und bilden den Biofilm, auf und in dem sich dann ein komplettes bakterielles Biotop bilden kann.

In einer Probe mit einem hohen Gehalt von Eisen und Mangan im Trinkwasser – dessen Konsumenten sich auch über eine rötliche Färbung des Wassers beschwerten – fanden die Biologen weniger als 0,6 Prozent dieser „guten“ Bakterien. Das Team will nun eine Methode entwickeln, um aus der Zusammensetzung der Bakterienkolonien die Wasserqualität beurteilen zu können.

Offensichtlich aber sind die meisten der entdeckten  Bakterien „gut“ in dem Sinne, dass sie das Trinkwasser sauber und klar halten. Die Mikrobiologen schreiben ihnen eine ähnliche Rolle zu wie den Mikroben unserer Darmflora oder auf unserer Haut. Die tragen auch zu unserer Gesundheit bei. Trifft dies zu, könnte man künftig über eine gezielte Steuerung der bakteriellen Populationen die Trinkwasserhygiene beeinflussen, so das Team. 

Repräsentative Population im Wasserzähler

Zwei der drei untersuchten Wasserzähler waren in Gebäuden mit einem hohen Wasserverbrauch installiert (430 und 530 m3 in sechs Monaten), der dritte in einem Einfamilienhaus mit 50 m3 Verbrauch im gleichen Zeitraum. Und der beherbergte, wohl wegen des geringeren Durchflusses, ein anderes Bakterien-Biotop als die beiden ersten Zähler.

Im Übrigen beeinflussen selbst kleinste Veränderungen in der Trinkwasseranlage den bakteriellen Biofilm.  Es kann bis zu drei Jahren dauern, bis sich eine stabile Bakterienpopulation  in einer Trinkwasseranlage entwickelt hat.

Link:

Original-Papier der Uni Lund (in Englisch)

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