Abb.1 - Schematische Darstellung von Anlagen der solaren Klimatisierung Abb. 2 - Schematische Darstellung einer 1-stufigen Absortptionskältemaschine im Temperatur-Druck-Diagramm (qualitativ) Abb. 3 - Abhängigkeit des COP von der Temperatur des Heizmediums für unterschiedliche Sorptionskältemaschinen. Abb. 4 - Standardverfahren der sorptionsgestützten Klimatisierung für moderate Außenluftbedingungen (z. B. mitteleuropäisches Klima) Abb. 5 - Verteilung der realisierten Anlagen hinsichtlich Anzahl, Kälteleistung und Kollektorfläche auf die unterschiedlichen Kühltechniken
Aber auch architektonische Trends, beispielsweise hin zu Gebäuden mit hohem Glasanteil in der Fassade erfordern eine Klimatisierung. In diesem Fachaufsatz gibt Dr. Hans-Martin Henning, Leiter der Abteilung Thermische Anlagen und Gebäudetechnik des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE, einen Überblick über die solare Klimatisierung von Gebäuden.
Für große, klimatechnische Anlagen mit Kälteleistungen oberhalb von rund 50 kW stehen verschiedene thermisch angetriebene Techniken zur Verfügung, die in Verbindung mit thermischen Solarkollektoren für die sommerliche Gebäudeklimatisierung verwendet werden können. Für kleine Anlagen mit Leistungen unter 30 kW gab es lange Jahre kaum marktverfügbare Komponenten. Hier hat sich die Situation in den vergangenen Jahren geändert - heute gibt es eine Reihe von Firmen, die kleine thermisch angetriebene Kältemaschinen im Leistungsbereich von 5 kW bis 30 kW anbieten oder in Pilotprojekten testen.
Verfügbare Techniken Verfahren zur solaren Klimatisierung nutzen thermisch angetriebene Kühlverfahren, bei denen zum Antrieb thermische Solarenergie als Hauptantriebsenergie verwendet wird; eine vereinfachte, schematische Darstellung zeigt
Abbildung 1. Generell ist zwischen Systemen zu unterscheiden, die Kaltwasser bereit stellen und solchen Verfahren, die direkt eine Luftkonditionierung (Temperaturabsenkung, Entfeuchtung) durchführen. Im folgenden werden die heute am häufigsten eingesetzten Techniken kurz beschrieben.
Thermisch angetriebene Kaltwassererzeugung Die heute dominante Technik thermisch angetriebener Kaltwassererzeugung basiert auf Absorptionsverfahren. Absorptionskälteanlagen sind am Markt in einem großen Leistungsbereich verfügbar, wobei allerdings Anlagen im Leistungsbereich oberhalb 100 kW dominieren. Für Anwendungen der Komfortklimatisierung in Gebäuden werden hauptsächlich Absorptionskälteanlagen, die mit dem Stoffpaar Wasser-Lithiumbromid arbeiten, genutzt. Der COP (engl. thermal Coefficient of Performance), definiert als die nutzbare Kälte pro eingesetzter Wärmemenge, liegt bei einstufigen Anlagen - je nach aktuellen Betriebsbedingungen - im Bereich 0.65-0.8 und die Antriebstemperaturen liegen typischerweise bei rund 75-100 °C (Vorlauftemperatur des Heizmediums). Ein grund-legendes Verfahrensschema einer einstufigen Absorptionskältemaschine zeigt
Abbildung 2.
Neben den einstufigen Anlagen sind auch zweistufige Maschinen erhältlich, bei denen zwei Austreiber, die bei unterschiedlichen Temperaturen arbeiten, genutzt werden. Dabei wird die Kondensationswärme des bei hoher Temperatur kondensierenden Kältemittels zum thermischen Antrieb des zweiten Austreibers genutzt. Somit kann ein höherer COP im Bereich von 1.0-1.4 - je nach Betriebsbedingungen - erzielt werden, wofür typischer-weise eine Antriebstemperatur im Bereich 140-160 °C erforderlich ist. Hier sind allerdings nur Anlagen im größeren Leistungsbereich deutlich oberhalb 100 kW erhältlich.
An Stelle des flüssigen Sorptionsmittels können auch feste Sorbentien zur Aufnahme des verdampften Kältemittels eingesetzt werden. Bei diesen Geräten müssen zur Aufrecht-erhaltung eines quasi-kontinuierlichen Prozesses mindestens zwei Adsorptionsreaktoren verwendet und wechselseitig betrieben werden, d.h. während der eine Adsorber unter Wärmezufuhr regeneriert wird, wird im anderen Adsorber das Kältemittel angelagert, wo-bei - wie bei den Anlagen mit flüssigem Sorptionsmittel - die freiwerdende Sorptions-wärme abgeführt wird. Nach Erreichen eines gewissen Sättigungsgrades des Sorptions-mittels werden die Behälter in ihrer Funktion umgetauscht, wobei in der Zwischenphase durch direkte Kopplung beider Adsorber eine gewisse Wärmerückgewinnung erreicht wird. Für diese Anlagen gibt es weltweit derzeit nur wenige Hersteller in Südost-Asien (Japan, Singapur), die Anlagen mit einer Kälteleistung von 70 kW aufwärts anbieten. Antriebstemperaturen liegen üblicherweise im Bereich von 60-90 °C und erreichbare COP-Werte bei 0.55 - 0.65.
Typische COP-Werte von thermisch angetriebenen Verfahren zur Kaltwassererzeugung zeigt
Abbildung 3; dabei sind die COP-Verläufe als Funktion der Antriebstemperatur (Heißwasser) dargestellt. Zum Vergleich ist auch der Grenzwert einer reversibel arbeitenden thermisch angetriebenen Kältemaschine dargestellt (ideal).
Offene Verfahren - sorptionsgestützte Klimatisierung (SGK) Während thermisch angetriebene Kältemaschinen Kaltwasser bereitstellen, das zur Versorgung aller Arten klimatechnischer Geräte verwendet werden kann, wird in offenen Verfahren direkt Luft konditioniert. Letztlich basieren alle offenen Klimatisierungsverfahren auf einer Kombination von Verdunstungskühlung und thermisch angetriebener Luftentfeuchtung mittels eines Trocknungsmittels (engl. desiccant), d.h. einem hygroskopischen Material. Wiederum können entweder flüssige oder feste Sorptionsmittel zum Einsatz gelangen. Der heute überwiegend angewandte Prozess nutzt hierfür Sorptionsrotoren, die entweder mit Silikagel oder Lithiumchlorid als Sorptionsmittel ausgestattet sind. Marktübliche Anlagen mit Sorptionsrotoren können Antriebstemperaturen im Bereich 50-85 °C zur Regenierung des Sorptionsrotors nutzen.
Das heute am weitesten verbreitete offene Verfahren verwendet Sorptionsrotoren. Dies sind Rotoren, bei denen das Sorptionsmittel - Silikagel oder Lithiumchlorid - in eine Trägermatrix eingebracht ist und von Luft durchströmt werden kann. Ein Bereich des Sorptionsrotors durchläuft abwechselnd die Zuluftseite, auf der die angesaugte Außenluft entfeuchtet wird und die Abluftseite, auf der das angelagerte Wasser unter Zufuhr von warmer Luft wieder desorbiert wird. Die gängigste Verschaltung und der zugehörige Zustandsverlauf im T-x-Diagramm feuchter Luft sind in
Abbildung 4 dargestellt.
Neben der in Abbildung 4 dargestellten Verschaltungsweise sind andere Varianten möglich. In einem Gerät der Fa. Munters wird z. B. der Wärmerückgewinnungsrotor durch einen Plattenwärmetauscher mit integrierter Befeuchtungseinheit auf der Abluftseite ersetzt. Außerdem findet bei diesem Gerät die Regeneration mit Außenluft statt, wodurch ein Kontakt zwischen Ab- und Zuluft vollständig ausgeschlossen ist; dies ist z. B. bei Anwendungen mit sehr hohen Reinheitsanforderungen der Zuluft - wie in Krankenhäusern - erforderlich. Weitere Schaltungsvarianten, die speziell für Klimazonen mit hohen Außenluftfeuchten interessant sind, sind beispielsweise in /Henning, 2005/ beschrieben.
Verfahren zur Auswahl der geeigneten Solarkollektoren sowie zur Auslegung der Solaranlage (z. B. Kollektorfläche, Speichergröße) können dem Handbuch entnommen werden, das im Rahmen von IEA TASK 25 "Solar Assisted Air-Conditioning of Buildings", einem unter deutscher Leitung im Rahmen des Solar Heating and Cooling Programmes der Internationalen Energie-Agentur (IEA) durchgeführten Projekt, entstanden ist, /Henning, 2004/.
Realisierte Anlagen Heute sind rund 70 Anlagen installiert, die solarthermische Kollektoren für die solare Gebäudeklimatisierung verwenden (kein Anspruch auf Vollständigkeit). Die meisten der Anlagen wurden in Deutschland und Spanien realisiert. Die insgesamt installierte Kälteleistung beträgt rund 6.3 MW und die hierfür installierte Kollektorfläche beträgt knapp 17500 m². Rund 60% der Anlagen verwenden Absorptionskältemaschinen (AbKM), etwa 12% Adsorptionskältemaschinen (AdKM) und rund 27% offene Kühlverfahren, wobei hier die Anlagen mit Sorptionsrotoren (SGK, Rotor) dominieren und bislang nur wenige Systeme mit offener Flüssigsorption (SGK, flüssig) arbeiten
(siehe Abbildung 5).
Der Mittelwert der spezifischen Kollektorfläche aller Anlagen beträgt rund 2.9 m²/kW. Ein Wert von 3-3.5 m²/kW kann als Anhaltspunkt für thermisch angetriebene Kältemaschinen gelten. Bei den offenen Verfahren ist eine Angabe bezogen auf die Luftmenge üblicher; hier hat sich ein Wert zwischen 8 und 10 m² pro 1000 m³/h installierter Luftleistung als sinnvolle Größenordnung herausgestellt. Diese Werte sind aber nur grobe Anhaltspunkte und ersetzen keinesfalls eine detaillierte Anlagenauslegung.
Neue Entwicklungen In den vergangenen Jahren ist insbesondere in Asien und Europa eine verstärkte Entwicklung von thermisch angetriebenen klima- und kältetechnischen Verfahren zu beobachten, die sich wegen ihres niedrigen Temperaturniveaus unter anderem auch für die Kopplung mit solarthermischen Kollektoren gut eignen. Schwerpunkt sind thermisch angetriebene Kältemaschinen mit kleiner Kälteleistung (typisch < 30 kW), offene Sorptionsverfahren, die flüssige Sorptionsmittel nutzen und nicht sorptiv arbeitende thermisch angetriebene Kälteprozesse (insbesondere Dampfstrahlkältemaschinen).
Zusammenfassung Unterschiedliche technische Lösungen zur Nutzung thermischer Solarenergie für die sommerliche Gebäudeklimatisierung sind marktverfügbar. Die Anwendung dieser Techniken kann zu nennenswerten Reduktionen im Primärenergieverbrauch führen, sofern die Systeme entsprechend ausgelegt sind. Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Dimensionierung des Solarkollektor-Feldes und - je nach Randbedingungen - die Integration von Speichern in das Gesamtsystem.
Die Anzahl der heute installierten Anlagen ist allerdings noch sehr gering. Erfahrungen mit installierten Anlagen und deren Betrieb belegen die Notwendigkeit weiterer messtechnisch begleiteter Demonstrationsanlagen.
Eine neue Anwendungsmöglichkeit in den nächsten Jahren ergibt sich aus der zunehmenden Verfügbarkeit kleiner thermisch angetriebener Kältemaschinen. Dadurch sind auch Anwendungen im kleinen Leistungsbereich (< 30 kW) erschließbar. Eine interessante Kombination stellt z. B. die Erweiterung von solarthermischen Anlagen zur Brauchwassererwärmung und Heizungsunterstützung (Kombianlagen) um eine kleine Kältemaschine dar. Damit kann eine sinnvolle Nutzung der bislang nicht nutzbaren Überschüsse der Solaranlage im Sommer erreicht werden.
Dieser Aufsatz erschien in der Mitgliederzeitung der
Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE – Dachverband, Ausgabe „Energieeffiziente Kühlung“ ee 2005-02. Über weitere interessante Themen in den Mitgliederheften des Verbandes kann man sich
hier informieren.
Literatur Henning, 2005 Hans-Martin Henning: Solar Assisted Air Conditioning of Buildings - an Overview. Proc. Heat SET 2005 - Heat Transfer in Components and Systems for Sustainable Energy Technologies, 5-7 April 2005, Grenoble, France
Henning, 2004 Henning, H-M. (Hrsg.) (2004), Solar Assisted Air Conditioning in Buildings - Handbook for Planners. Springer-Verlag, Wien, New York, ISBN 3-211-00647-8