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„Wir werden weiter dafür kämpfen, dass unsere Kunden betriebssichere und gebrauchstaugliche Heizkessel eingebaut bekommen. Wir werden dafür kämpfen, dass unsere Kunden ihre Anlagen selbst mit Wasser befüllen dürfen. Wir werden dafür kämpfen, dass unsere Kunden nicht die von der Industrie geforderten Befüllungslisten führen und Hochrechnungen über Nachspeisewassermengen für die Gesamtlebensdauer eines Gerätes aufstellen müssen, um die Geschäftsbedingungen der Gerätehersteller zu erfüllen.“
Mit derartigen Aussagen wurde von Seiten des ZVSHK in den letzten Jahren stets unter Berufung auf „praxisfremde“ Vorgaben und Werte gegen die VDI 2035 Blatt 1 propagiert.
Nunmehr veröffentlichte man im August 2010 eine in den einschlägigen Fachzeitschriften mehrfach angekündigte Fachregel, die einen Kompromiss zwischen BDH und ZVSHK darstellen soll und dem Handwerk neue und praxisgerechte Lösungen an die Hand gibt. Aus diesen Gründen sei zukünftig die VDI 2035 Bl.1 nicht mehr anzuwenden. Darüber hinaus hätten sich die Hersteller verpflichtet, nunmehr in ihren Gewährleistungsbestimmungen allein die Einhaltung dieser Fachregel zu verlangen.
Diese Aussagen sorgten in den letzten Monaten sowohl für Verwirrung als auch für zahlreiche Nachfragen beim Autor hinsichtlich der Einordnung. Aus diesem Grund soll sich der folgende Beitrag sowohl mit den hieraus resultierenden rechtlichen Fragestellungen sowie der nunmehr von Seiten des ZVSHK gefundenen und offerierten Praxistauglichkeit der in der Fachregel aufgestellten Vorgaben auseinandersetzen.
Hierbei ist zu beachten, dass im Rahmen eines Werkvertrages, sofern nichts abweichendes vereinbart und über daraus resultierende Konsequenzen beraten wurde, stets nach dem Stand oder den Regeln der Technik gearbeitet werden muss. In einem späteren Rechtsstreit, in dem es um eine Mangelhaftigkeit des erstellten Werkes geht, gilt für denjenigen, der nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gearbeitet hat die Vermutung, dass seine Leistung auch dem Stand der Technik entsprach. Erst wenn der Auftraggeber darlegen und beweisen kann, dass zwischenzeitlich der Stand der Technik erheblich fortgeschritten und die Regel der Technik überholt ist, kann eine Mangelhaftigkeit des Werkes festgestellt werden.
Zunächst ist hierbei die rechtliche Bedeutung der VDI 2035 Blatt 1 zu beleuchten und danach zu fragen, ob es sich bei dieser um eine sog. allgemein anerkannte Regeln der Technik handelt. Im darauf folgenden Teil wird dann die Bedeutung der Regeln der Technik im Werkvertragsrecht aufgegriffen und abschließend danach gefragt, inwieweit die Fachregel an den getroffenen Einordnungen Änderungen hervorrufen kann und wird.
I. VDI 2035 Blatt 1
1. Rechtliche Einordnung
Im Schrifttum wird durchgehend die Meinung vertreten, dass es sich bei VDI-Richtlinien grundsätzlich um sog. Regeln der Technik und somit um Richtung weisende Arbeitsunterlagen handelt, die den Stand der Technik zu ihrem jeweiligen Erscheinungsdatum fixieren.
Regeln der Technik sind hierbei Regeln, die in der Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt sowie in der Praxis bei dem nach neuestem Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt sind und sich aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung bewährt haben. Sie werden in der EN 45020 unter Punkt 1.5 als technische Festlegungen, die von einer Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen werden, definiert. Hierbei wird ein normatives Dokument zu einem technischen Gegenstand zum Zeitpunkt seiner Annahme als der Ausdruck einer anerkannten Regel der Technik anzusehen sein, wenn dieses in Zusammenarbeit der betroffenen Interessen durch Umfrage- und Konsensverfahren erzielt wurde.
Sämtliche der vorgenannten Voraussetzungen werden von der VDI 2035 Blatt 1 zum einen aufgrund der fachlichen Qualifikation der Autoren sowie der Entstehungsgeschichte erfüllt, sodass man zunächst festhalten kann, dass es sich hierbei um eine Regel der Technik handelt. Hierbei soll der Vorwurf des ZVSHK, die VDI 2035 Blatt 1 sei praxisfremd und habe sich nicht bewährt, aus Gründen der Übersichtlichkeit zunächst außer Acht gelassen und an späterer Stelle wieder aufgegriffen werden.
Allgemein anerkannte Regeln der Technik stellen, wie bereits angeführt, nach Werkvertrags-recht für den Sollzustand eine Minimalanforderung dar. Hieraus folgt, dass bei Nichteinhaltung ein Mangel vorliegt, soweit die Abweichung nicht zuvor mit dem Auftraggeber vereinbart worden ist. In diesem Zusammenhang ist der Auftraggeber vollumfänglich über die geplante Abweichung zu informieren und auf die daraus resultierenden Folgen hinzuweisen.
Dennoch können auch Regeln der Technik grundsätzlich lediglich den Charakter von techni-schen Empfehlungen haben. Ihre Anwendung steht jedem frei. Das bedeutet, dass man sie anwenden, die Einhaltung des Stands der Technik jedoch auch auf andere Weise sicherstellen kann. Diese Auslegung ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass eine Regel der Technik immer nur den Stand der Technik fixieren wird, der zu einem bestimmten „Zeitpunkt X“ gegeben ist. Die Entwicklung des Stands der Technik wird sich jedoch nach Veröffentlichung fließend fortsetzen, sodass die Regel der Technik irgendwann überholt ist und diese neuerlich fixiert werden muss. Somit entbindet auch die Anwendung einer VDI-Richtlinie den Nutzer nicht von der Verantwortung für eigenes Handeln und geschieht rechtlich auf eigene Gefahr.
Besondere rechtliche Bedeutung erlangen VDI-Richtlinien national zum Beispiel durch die Aufnahme in Gesetze, Rechtsverordnungen (hier sei beispielhaft die Richtlinienreihe VDI 2700 „Ladungssicherung“ erwähnt), Erlasse oder Vorschriften und in private Verträge. Die Bezug-nahme in Gesetzen und Verordnungen entlastet hierbei den Staat von rechtlichen Detailrege-lungen. Auch in den Fällen, in denen VDI-Richtlinien von Vertragsparteien nicht speziell zum Inhalt des Vertrages gemacht worden sind, dienen sie im Streitfall als Entscheidungshilfe, wenn es in Kauf- oder Werkverträgen um Sachmängel geht. Hierbei besteht grundsätzlich zunächst die Vermutung, dass die VDI-Richtlinie dem anerkannten Stand der Technik entspricht.
Eine VDI-Richtlinie kann, wie bereits angedeutet, in unterschiedlicher Art in einem Werkvertrag Bedeutung erlangen. Darüber hinaus wird die VDI 2035 zwischenzeitlich in nahezu allen Herstel-lerangaben und Garantiebestimmungen als Voraussetzung für den Erhalt von Garantie- bzw. Gewährleistungsansprüchen gefordert.
2. Bedeutung der VDI 2035 im BGB-Werkvertrag
Entsprechend § 633 Abs.2 BGB ist ein Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Liegen keine Anhaltspunkte für eine Vereinbarung vor, ist das Werk mangelfrei, wenn es die für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Beschaffenheit aufweist oder sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art des Werkes erwarten kann.
Diese Definition ist ebenfalls Grundlage für den Mangelbegriff in der VOB/B (hier in § 13 Nr.1) die jedoch einen zusätzlichen Mangeltatbestand, den Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik kennt.
Somit erlangt die VDI 2035 als Vertragsgrundlage zunächst dann Bedeutung, wenn deren Inhalte explizit als Beschaffenheitskriterium vereinbart werden. An dieser Stelle soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass bei einem entsprechenden Abweichen vom Stand der Technik eine umfassende Aufklärung hinsichtlich etwaiger hieraus resultierender Konsequenzen durch den Werkunternehmer erfolgen muss.
Sofern keine eindeutige Vereinbarung der Beschaffenheit ersichtlich ist (dies dürfte die überwiegende Mehrzahl der Fälle betreffen) bietet der Begriff der „üblichen Beschaffenheit“ der VDI 2035 das nächste erhebliche Einfallstor in die Prüfung nach dem Vorliegen eines Mangels. Jedes Gericht und jeder Sachverständige werden bei der Bestimmung der üblichen Beschaffenheit und somit der Frage, welche Qualitäts- und Komfortstandards zeitgleich fertig gestellte und abgenommene Werke aufweisen müssen, auf die anerkannten Regeln der Technik und somit auf die VDI 2035 zurückgreifen. Hierbei kann man plakativ sagen, dass von Seiten eines Gerichts bei einer fehlenden Beschaffenheitsvereinbarung zumindest die Vereinbarung über die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik unterstellt werden wird.
3. Bedeutung der VDI 2035 im VOB-Werkvertrag
Der in § 13 VOB/B formulierte Mangelbegriff entspricht, wie bereits ausgeführt, im Wesentlichen dem des BGB, sodass hier auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Im Gegensatz zu § 633 Abs. 2 BGB sieht die VOB/B jedoch einen weiteren Mangeltatbestand vor. Hiernach ist die Mangelhaftigkeit des Werkes bereits dann zu bejahen, wenn dieses nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Entsprechend der obigen Feststellungen (I 1), stellt die VDI 2035 eine Regel der Technik dar, sodass bei deren Nichteinhaltung im Rahmen eines VOB-Vertrages, ohne eine entsprechende anders lautende Vereinbarung, die Mangelhaftigkeit per se zu bejahen sein wird.
Daneben werden durch eine Verweisung in § 1 Abs.1 VOB/B die Allgemeinen technischen Vertragsbedingungen der VOB/C automatisch mit in einen Vertrag eingeschlossen.
Nach Veröffentlichung der VDI 2035 Blatt 1 wurde diese in die VOB/C, DIN 18380 im Abschnitt 3.2.1 „Anforderungen an die Ausführung“ aufgenommen. Die VDI 2035 Blatt 1 wiederum verweist auf das Blatt 2 wodurch über diese Kettenverweisung auch dieses Blatt quasi in die VOB/C integriert ist.
Auf die Anforderungen zur wirksamen Einbeziehung der VOB/B sowie VOB/C bei einem Vertragsschluss mit einem Verbraucher, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da dies für die in diesem Beitrag diskutierte Frage nur eine untergeordnete Bedeutung hat. In jeden Fall, in dem eine wirksame Einbeziehung abzulehnen sein sollte, wird der Sachverhalt jedoch entsprechend der Ausführungen zum BGB-Vertrag zu beleuchten sein.
4. Herstellerangaben und Gewährleistungsbestimmungen
Überdies sind für die Begutachtung eines Schadens an einem Werkteil die entsprechenden Hersteller- und Gewährleistungsanforderungen als Grundvoraussetzung für die Einstandspflicht der Hersteller relevant. Hier fordern bis zum heutigen Tag nahezu alle Hersteller in Ihren Gewährleistungsbedingungen die Einhaltung der VDI 2035 und somit der Regeln der Technik.
Diese Herstellervorgaben sind jedoch für die Frage nach der Mangelhaftigkeit der gesamten Werkleistung an der Heizungsanlage zunächst zweitrangig und geben lediglich die Mindestanforderungen wieder, die für eine Einstandspflicht des Verwenders im Schadensfall erfüllt sein müssen. Bei Einhaltung der Vorgaben muss der Hersteller entsprechend der gesetzlichen Vorgaben seiner Gewährleistungsverpflichtung nachkommen. Diese Pflicht besteht u.U. auch dann, wenn die Frage der Mangelhaftigkeit der Werkleistung zwischenzeitlich anhand eines weiterentwickelten Standes der Technik oder aber an anderen Regeln der Technik beurteilt wird. Hierbei ist zwischen der Verursachung eines Mangels oder eines Schadens durch die Nichteinhaltung des Standes der Technik und der Einstandspflicht des Herstellers eines Bauteils aufgrund dessen Gewährleistungsbedingungen zu differenzieren.
II. Änderung durch die Fachregel des ZVSHK
Soweit der ZVSHK bekannt gab, in Zusammenarbeit mit dem BDH eine Fachregel erarbeitet zu haben, aufgrund derer die VDI 2035 Blatt 1 nicht mehr anzuwenden sei und sich die Hersteller verpflichten würden, in ihren Gewährleistungsbedingungen die Einhaltung dieser Fachregel zu verlangen, sind diese beiden Aspekte entsprechend der obigen Ausführungen wiederum getrennt voneinander zu betrachten.
Hierbei ist zunächst auf die Aussage einzugehen, sämtliche Hersteller hätten sich verpflichtet, in ihren Gewährleistungsbedingungen nur noch die Einhaltung der Fachregel zu verlangen. Bemerkenswert für den Autor ist, dass die Eingangs dieses Beitrages angesprochene Verwirrung insbesondere auf Seiten der Hersteller, also derjenigen die sich gerade verpflichtet hatten, bestand und um Einschätzung der bestehenden Situation gebeten wurde. Zudem können Angaben in den Gewährleistungsbedingungen der Hersteller, wie soeben aufgezeigt, nicht ohne Betrachtung des Standes der Technik als Kriterium für eine Mangelhaftigkeit der Werkleistung herangezogen werden. Die Frage, ob ein Mangel hinsichtlich der Wasserqualität und somit der Heizungsanlage vorliegt, wird zunächst anhand der Regeln bzw. des Standes der Technik und nicht anhand von Herstellervorgaben entschieden. Dies wäre allein dann der Fall, wenn die durch die Hersteller gewählten Anforderungen und der Stand der Technik deckungsgleich sind. Somit müsste die Fachregel den Stand der Technik wiedergeben.
Da die VDI 2035 als eine Regel der Technik den Stand der Technik zu ihrem Erscheinungs-datum (Blatt 1: 2005, Blatt 2: 2009) wiedergibt, kann das Befolgen der Aufforderung zur Negierung des Blattes 1 nur dann haftungsrechtlich ohne Gefahr erfolgen, wenn sich der Stand der Technik zwischenzeitlich in einem Maße weiterentwickelt hätte, dass die VDI 2035 Blatt 1 als überholt und diesen nicht mehr wiedergebend angesehen werden müsste. Betrachtet man nunmehr die Inhalte der Fachregel, so kommt man zu dem Schluss, dass hier kein neuer bzw. weiterentwickelter Stand der Technik fixiert wurde, sondern i.E. genau das niedergeschrieben wurde, was die VDI 2035 Blatt 1 seit 2005 vorschreibt. An dieser Stelle soll auf einzelne, die Fachregel ankündigende Passagen in Veröffentlichungen kurz eingegangen werden:
„Definierte Kriterien in überschaubarem Umfang sind jetzt Grundlage für die Entscheidung zur Wasseraufbereitung. Dazu gehören Wasserhärte, spezifischer Wasserinhalt des Wärmeerzeugers (wird vom Hersteller angegeben, siehe unten) und das spezifische Anlagenvolumen. Wenn der SHK-Fachbetrieb den Nachweis der Einhaltung dieser Kriterien erbringt, kann er sich gegenüber dem Hersteller technisch entlasten und damit schadlos halten.“
Anhand dieser als Neuerung aufgezeigten Kriterien soll entsprechend der VDI 2035 Blatt 1 bereits seit 2005 die Beurteilung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Wasserbehandlung getroffen werden. Bei Einhaltung dieser bereits durch die VDI 2035 definierten Kriterien konnte sich somit der SHK-Fachbetrieb bereits seit diesem Zeitpunkt gegenüber dem Hersteller technisch entlasten und damit schadlos halten.
„Aller Voraussicht nach werden die Fachbetriebe im April eine klare Handlungsanweisung zur Verfügung haben, die dem langjährigen Ping-Pong-Spiel mangelnder Zuständigkeiten ein Ende bereitet.“
Spätestens mit Inkrafttreten der VDI 2035 Blatt 2 im August 2009 wurde bereits eine umfassende und aus Sicht des Autors abschließende Regelung hinsichtlich der Zuständigkeit für das Heizungswasser getroffen. So ist seit diesem Zeitpunkt der Betreiber einer Anlage für den ordnungsgemäßen Zustand seines Heizungswassers verantwortlich und muss dieses in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal jährlich) überprüfen (siehe VDI 2035 Blatt 2 Nr. 4. i.V.m. Nr. 8.3.3). Aus diesem für den Planer und Heizungsinstallateur positiven Aspekt resultieren für beide jedoch neue Pflichten.
Die VDI 2035 Blatt 2 überträgt dem Betreiber zwar die Verantwortung für das Heizungswasser, geht jedoch im selben Atemzug davon aus, dass der Betreiber als Laie nicht in der Lage ist, dieser allein gerecht zu werden. Deshalb werden der Planer und der Heizungsbauer in die Pflicht genommen, den Betreiber durch eine entsprechende Beratung hierzu in die Lage zu versetzen. Da dieser bereits seit längerem bestehenden Verpflichtung (VOB/C EN 12828) in der Vergangenheit weder durch Planer noch durch Installateure Rechnung getragen wurde, enthält die VDI 2035 Blatt 2 nunmehr eine Dokumentationspflicht dieser Aufgaben.
Zudem sind im Fall von durchgeführten Wasserbehandlungsmaßnahmen vom Hersteller bzw. Planer Prüfparameter und die entsprechende Sollwertbereiche festzulegen und im Anlagenbuch festzuhalten. Hierbei sind ebenfalls die Häufigkeit der Prüfungen und etwaige Maßnahmen bei Abweichungen vom Sollwertbereich vorzugeben und zu dokumentieren (VDI 2035 Blatt 2, Nr. 8.3.3).
Insoweit ist festzustellen, dass das langjährige „Ping-Pong-Spiel mangelnder Zuständigkeiten“ bereits beendet war, sodass es auch an dieser Stelle für die Fixierung des oder aber eines weitergehenden Standes der Technik keiner Regelung bedurfte.
„Eine Wasseraufbereitung ist zukünftig nur erforderlich, wenn
- die in der nachstehenden Tabelle genannten Härtegrade überschritten werden oder
- das spezifische Anlagenvolumen mehr als 20 Liter pro kW Nennwärmeleistung beträgt (bei Mehrkesselanlagen ist für diese Anforderung die jeweils kleinste Einzel-Nennwärmeleistung einzusetzen).“
Nennwärmeleistung | Gesamthärte |
< 50 KW bei spezif. Wasserinhalt des Wärmeer- | |
zeugers > 0,3 Ltr./KW | keine Anforderungen |
< 50 KW bei spezif. Wasserinhalt des Wärmeerzeugers | |
< 0,3 Ltr./KW (Umlaufwarmwasserheizer) | < 16,8° dH |
> 50 KW bis < 200 KW | < 11,2° dH |
> 200 KW bis < 600 KW | < 8,4° dH |
> 600 KW | < 0,11° dH |
Diesen „neuen praxisgerechten“ Vorgaben sollen an dieser Stelle zur Veranschaulichung die durch die VDI 2035 Blätter 1 und 2 gestellten Anforderungen für die Frage, wann eine Wasseraufbereitung durchzuführen ist gegenübergestellt werden:
Gesamtheizleistung | Gesamthärte | Gesamthärte | Gesamthärte |
In KW | In °dH bei <20l/kW kleinster Kesselheizfläche | In °dH bei >20l/kW<50l/kW kleinster Kesselheizfläche | In °dH >50l/kW kleinster Kesselheizfläche |
<50kW | Keine Anforderung oder | 11,2°dH | 0,11°dH |
<16,8°dH |
>50kW<200kW | 11,2°dH | 8,4°dH | 0,11°dH |
>200kW<600kW | 8,4°dH | 0,11°dH | 0,11°dH |
>600kW | 0,11°dH | 0,11°dH | 0,11°dH |
Quelle: Dipl.-Ing. Markus Neumann, Jenaqua GmbH, Camsdorfer Ufer 18, 07749 Jena
Anhand dieser Gegenüberstellung lässt sich erkennen, dass hinsichtlich der durch den ZVSHK nunmehr aufgestellten Werte, eine wesentliche Veränderung der Anforderungen und somit ein erhebliches Abweichen vom bereits fixierten Stand der Technik nicht erfolgt ist. Somit kann auch in diesem Punkt ein wesentliches Fortschreiten des Standes der Technik oder aber eine Praxisuntauglichkeit der bereits seit Jahren bestehenden Vorgaben durch den ZVSHK nicht ernsthaft behauptet werden.
Bezüglich des im Zitat aufgeführten ersten Punktes, wurden exakt die Vorgaben der VDI 2035 (erste Spalte) übernommen. Hierbei stellt der Wert „< 16,8° dH“ die Anforderungen der VDI 2035 an die Wasserqualität bei Umlaufwarmwasserheizern (<0,3 Ltr./KW) dar.
Darüber hinaus verlangt die Fachregel des ZVSHK bei jeder Anlage mit einem spezifischen Anlagenvolumen >20 l/kW pauschal eine Wasseraufbereitung. Hierin liegt auch der einzige Unterschied zur VDI 2035 Blatt 1, die bei Anlagen <50 kW bzw. <200 kW und einem spezifischen Wasserinhalt von >20l/kW<50l/kW eine Aufbereitung erst ab einer Wasserhärte von 11,2°dH bzw. 8,4°dH notwendig macht.
Diesbezüglich dürften insbesondere derart gelagerte Fälle sein, in denen sich ein Heizungsinstallateur an die Vorgaben der Fachregel hält und somit für den Bauherrn Zusatzkosten und somit einen Schaden verursacht, der bei Einhaltung der Regeln der Technik nicht entstanden wäre.
Schleierhaft sind die Ausführungen zur Füll- und Ergänzungswassermenge, bei denen der Anwender keine rechtssicheren Vorgaben erhält. Anlagen <20 l/kW, von denen ausgegangen werden soll, sind aufgrund der Verpflichtung zur Einbindung regenerativer Energien keinesfalls mehr der Standard. In diesem Zusammenhang schafft die Fachregel für sämtliche Heizungsanlagen mit einem spezifischen Anlagenvolumen >20 l/kW und einer Gesamtheizleistung <50 kW, bei denen kein Wasserzähler einzubauen ist, im Gegensatz zur VDI 2035 eine Grauzone.
Da die Fachregel, wie aufgezeigt, keinen weitergehenden Stand der Technik beinhaltet als die bereits seit Jahren geltende VDI 2035 Blatt 1 kann an dieser Stelle auch auf eine abschließende Einordnung deren rechtlicher Qualität verzichtet werden. Jedoch soll nochmals an eine der Voraussetzungen für die Einordnung als Regel der Technik, dem Zustandekommen durch die Zusammenarbeit der betroffenen Interessen im Rahmen eines Umfrage- und Konsensverfahren, erinnert werden. Hinsichtlich dieses Punktes bestehen beim Autor erhebliche Bedenken, sodass eine Einordnung der Fachregel als einfache Empfehlung ohne rechtliche Bedeutung näher liegt.
III. Fazit
Die Probleme bei der Umsetzung der Vorgaben der VDI 2035 hatten ihren Ursprung weniger in der Erfüllung der vom ZVSHK beanstandeten Vorgaben. Diese resultierten vielmehr aus der Unwissenheit der Anwender sowohl um die durch eine Wasserbehandlung ausgelösten Folgereaktionen als auch die zu schaffenden Voraussetzungen für eine solche in den Heizungsanlagen. Diese Folgereaktionen und somit die gleichen Probleme und Schäden würde es jedoch auch bei Anwendung der Fachregel ohne die erforderliche Weiterbildung der Handwerker aber auch der Planer in diesem Bereich geben. Somit ist gerade der stets propagierte Schluss fehlerhaft, dass sich die VDI 2035 und somit der Stand der Technik seit dem Jahr 2005 nicht bewährt oder als praxisuntauglich erwiesen hätte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich deren Anwendung in der Praxis bei einem nach neuestem Erkenntnisstand gebildeten Fachmann nicht bewährt hätte. Hiervon kann aufgrund der überwiegenden Nichteinhaltung bzw. Unkenntnis keine Rede sein.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die groß angekündigte Fachregel keinerlei Fortschritte geschweige denn einen geänderten Stand der Technik beinhaltet. Durch die VDI 2035 Blätter 1 und 2 wurde ein in sich geschlossenes und den Stand der Technik wiedergebendes System erarbeitet, dass die gesamte Lebensdauer einer Heizungsanlage, beginnend bei der Planung über die Inbetriebnahme bis hin zu Wartungs- und Veränderungsarbeiten umfasst. Daneben wurde durch die Dokumentationspflicht ein Kontrollinstrument an die Hand gegeben, das der Einhaltung der jeweiligen Vorgaben nur förderlich sein kann. Aus diesen Gründen kann der Handwerker, der die Einhaltung der VDI 2035 nachweist, sicher sein, den Stand der Technik angewendet zu haben und somit auch in einem Rechtstreit erfolgreich etwaige gegen ihn gerichtete Ansprüche abwehren zu können.
Die Fachregel stellt aus Sicht des Verfassers einen bemerkenswerten Versuch dar, das Ergebnis langjähriger verbandspolitischer Eitelkeiten zu kaschieren. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Mitglieder, die auf die Ratschläge des ZVSHK vertraut und die VDI 2035 negiert haben, zwischenzeitlich für Schäden in Anspruch genommen werden, ohne dass der Verband eine Hilfestellung bieten kann. Diese ist durch den Aufruf entgegen einer Regel der Technik und Herstellervorgaben zu arbeiten kaum möglich. Deshalb stellt der Verkauf der VDI 2035 Bl.1 in einer eigenen, als Fachregel angepriesenen Verpackung einen Affront gegenüber den z.T. blind vertrauenden Mitgliedern dar. Umso bedauerlicher und bezeichnender ist der Umstand, dass der ZVSHK offensichtlich davon ausgeht, dass dies der größte Teil der Handwerker nicht bemerken wird. Kurz gesagt: Man hat seine Mitglieder 5 Jahre falsch beraten und versucht diese nunmehr unter dem Deckmantel „eigener“ Vorgaben hinter das Licht zu führen. Eine anderslautende Erklärung für das Vorgehen des Verbandes, mit Ausnahme der eigenen Unkenntnis von den Inhalten der VDI 2035, ist nicht ersichtlich.
Der bereits erschienene Beitrag zur VDI 2035 des Autors Frank Wosnitzka findet sich hier im HaustechnikDialog.