Am Freitag, 27. Juni 2014 hat der Bundestag die heftig umstrittene Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedet. Teile der Opposition, der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) sowie Umweltverbände kritisieren die Reform scharf.
Der BSW-Solar macht deutlich: Die Große Koalition will ab 1.8.2014 bei Neuanlagen den Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms im Grundsatz mit 40 Prozent der EEG-Umlage finanziell belasten. Bis Ende 2015 werden 30 Prozent, bis Ende 2016 35 Prozent fällig, ab 2017 gelten die vollen 40 Prozent – auch für Anlagen, die zwischen 2014 und 2017 errichtet wurden. Dieser Wert entspricht derzeit rund 2,5 Cent je Kilowattstunde (kWh).
Direkt vor der Entscheidung im Bundestag über die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hatten Bürger dagegen protestiert. Die Energiepolitik der Regierungskoalition stünde für ein „Zurück in die Kohlezeit“. Die Protestaktion war vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact und den NaturFreunden Deutschland organisiert worden.
Doch die Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages hat trotz heftiger Debatte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gestimmt. 454 Abgeordnete votierten
für die Reform, 123 lehnten sie ab, es gab sechs Enthaltungen.
Dazu aus dem Bundeswirtschaftsministerium:
Bundesminister Sigmar Gabriel betonte in seiner Rede, die Novelle des EEG schaffe einen verlässlichen und gleichzeitig ambitionierten Ausbaupfad für die erneuerbaren Energien. Gleichzeitig würde deren Marktintegration angestoßen. Deutschland müsse zeigen, dass es möglich sei Klimaschutz und wirtschaftlichen Erfolg miteinander zu vereinen. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die energieintensive Industrie vor einer steigenden EEG-Umlage zu schützen. Die jüngsten Einwände der EU-Kommission griff Gabriel scharf an. Diese zielten auf eine Zerschlagung des EEG ab und würde von der Bundesregierung in keinem Fall akzeptiert. Schließlich betonte er: "Die Wahrheit ist, dass dieses EEG erst der Anfang all dessen ist, was wir in dieser Legislaturperiode schaffen müssen. Die einzelnen Bausteine der Energiewende wieder in ein systematisches Verhältnis zueinander zu bekommen, ist nun unsere Aufgabe."
Dazu der Bundesverband Solarwirtschaft e.V.:
Die heute vom Bundestag im Rahmen der EEG-Reform beschlossene „Sonnensteuer“ wird den Ausbau der Solarenergie im Stromsektor weiter drosseln, ohne die Kosten der Energiewende spürbar zu senken. Der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) befürchtet einen weiteren Marktrückgang und appelliert an den Bundesrat, das Vorhaben in letzter Minute noch zu stoppen.
Mittelstand und Gewerbe waren bislang das Rückgrat der Energiewende. Künftig sollen Unternehmer, die Solarstrom für den Eigenverbrauch oder die Mieterversorgung vom eigenen Hausdach erzeugen, finanziell mit der EEG-Umlage belastet werden. Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung unter 10 Kilowattpeak – typische Solarstromanlagen auf Eigenheimen - sind von der Abgabe ausgenommen. Sie tragen aber nur zu einem Fünftel zum Photovoltaik-Ausbau bei.
Der BSW-Solar kritisiert diese Regelung scharf. Nach Einschätzung der Solarwirtschaft werden in der Folge viele Photovoltaik-Investitionen in Deutschland unterbleiben, die für den Schutz des Klimas und das Erreichen der Energiewende-Ziele dringend erforderlich wären. Gleichzeitig würden die Kosten der Energiewende weder gesenkt noch wirklich gerechter verteilt. Viele Betreiber neuer Ökostromanlagen werden finanziell belastet. Industrielle Großverbraucher und der Kohlebergbau werden hingegen im Rahmen der EEG-Novelle von den Kosten der Energiewende großzügig befreit.
„Klimaschützer werden bestraft, Klimasünder entlastet. Aus einem Gesetz zum Ausbau Erneuerbarer Energien wird ein Gesetz zum Vorrang der Kohle. Aus dem Vorhaben einer Strompreisbremse wird eine Innovations- und Energiewende-Bremse. Statt Solarenergie beim Übergang in die Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen, wird Solarstrom durch die „Sonnensteuer“ jetzt künstlich verteuert und damit die Förderabhängigkeit unnötig verlängert. Anstatt die Modernisierung des Energiesystems mittels dezentraler Versorgungsstrukturen weiter voranzutreiben, trägt das Gesetz jetzt die Handschrift großer Energiekonzerne“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Die konventionelle Energiewirtschaft hatte in den letzten Monaten wiederholt gefordert, Selbstversorger von Ökostrom finanziell zu belasten, da sie den Verlust weiterer Marktanteile befürchtet. Sie trägt bislang kaum zur Energiewende bei. Eine sachgerechte und transparente Interessenabwägung habe im Vorfeld der Entscheidung nicht stattgefunden, kritisierten auch viele Parlamentarier.
Solaranlagen zur Wärmeerzeugung fallen nicht unter das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und sind von der „Sonnensteuer“ nicht betroffen. Solarwärme bleibe weiter abgabenfrei.
Hintergrund
Da es sich beim EEG nur um ein Einspruchsgesetz handelt, kann der Bundesrat zwar mit einfacher Mehrheit den Vermittlungsausschuss anrufen, die „Sonnensteuer“ aber nur mit Hilfe einer 2/3 Mehrheit für den Fall kippen, dass der Bundestag nicht ebenfalls eine 2/3 Mehrheit für sein Vorhaben zusammenbekommt.
Die Große Koalition will ab 1.8.2014 bei Neuanlagen den Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms im Grundsatz mit 40 Prozent der EEG-Umlage finanziell belasten. Bis Ende 2015 werden 30 Prozent, bis Ende 2016 35 Prozent fällig, ab 2017 gelten die vollen 40 Prozent – auch für Anlagen, die zwischen 2014 und 2017 errichtet wurden. Dieser Wert entspricht derzeit rund 2,5 Cent je Kilowattstunde (kWh).
Mieter, die ihren Solarstrom vom Dach des Vermieters beziehen, sollen sogar 100 Prozent der EEG-Umlage zahlen (derzeit 6,24 Cent je kWh). Betreiber von Photovoltaik-Kleinstanlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kWp – das klassische Eigenheim-Segment – bleiben von der Umlage befreit, es sei denn ihre Anlage erzeugt mehr als 10 Megawattstunden Strom im Jahr.
In seiner bisherigen Befassung hatte der Bundesrat dafür votiert, solaren Eigenbedarf statt mit 40 Prozent mit lediglich 15 Prozent der EEG-Umlage zu belasten und Photovoltaik-Betreiber unterhalb von 30 kWp bzw. 30 Megawattstunden gänzlich von der „Sonnensteuer“ zu befreien.
Lichtblick SE zur EEg-Reform:
Die heute vom Bundestag verabschiedete EEG-Reform erschwert die Entwicklung eines subventionsfreien Marktes für erneuerbare Energien. "Minister Gabriel hat im Schulterschluss mit der alten Energiewelt um den Branchenverband BDEW eine Innovationsbremse im EEG installiert. Neue Geschäftsmodelle lokaler Stromvermarktung werden mit höheren Abgaben belastet", kritisiert Heiko von Tschischwitz, Vorsitzender der Geschäftsführung von LichtBlick.
Ein Beispiel ist das Thema Mieterstrom. Für die Lieferung lokal erzeugten Sonnenstroms an Mieter wird künftig die volle EEG-Umlage fällig, während Eigenheimbesitzer gar keine und andere Eigenversorger 40 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen. Eine vierköpfige Familie, die zur Miete wohnt, zahlt dann für Solarstrom vom Dach bis zu 150 Euro mehr EEG-Umlage pro Jahr als eine Familie im Eigenheim. "Die Bundesregierung lässt die Mieter im Regen stehen", stellt von Tschischwitz fest.
Die lokale Ökostrom-Vermarktung erfordert eine moderne IT-Infrastruktur und ist energiewirtschaftlich komplex. Konzerne und Stadtwerke können solche Produkte aufgrund veralteter IT und fehlender Innovationskraft kaum anbieten. Sie fürchten deshalb die Konkurrenz innovativer Versorger. "Neue Produkte wie Mieterstrom werden die nächste Welle von Kundenverlusten bei den regionalen Platzhirschen auslösen. Darum kämpft der BDEW mit aller Lobbymacht gegen Innovationen - und behindert damit auf Kosten der Verbraucher den Wettbewerb und die Energiewende", so von Tschischwitz.
Dabei entlasten intelligente Ökostrom-Produkte schon heute die Fördertöpfe und zeigen Wege in einen Grünstrommarkt jenseits gesetzlicher Subventionen auf. So vermarktet zum Beispiel LichtBlick im Gelben Viertel in Berlin Hellersdorf den Strom aus Deutschlands größter Solaranlage auf Wohngebäuden an die Mieter im Quartier. Da der lokal verbrauchte Solarstrom bereits heute ohne Subventionen auskommt, kann das EEG allein mit diesem Projekt um bis zu 200.000 Euro jährlich entlastet werden.