An dieser Stelle bringen wir einmal monatlich aktuelle Urteile rund um Bauen, Handwerk und Immobilien. Sie enthalten immer die Quelle sowie eine kurze Einschätzung durch unsere Redaktion, welche Folgen diese Urteile haben und welche Konsequenzen sich daraus für unsere Leser ableiten könnten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
www.pixabay.com / MasterTux Stundenlohnzettel richtig führen
Lästige Pflicht, aber im Fall der Fälle eben unverzichtbar: ordentlich geführte Stundenlohnzettel am Bau. Sie sollten bereits zum Vertragsschluss festgelegt werden. Kann ein Auftragnehmer nicht anhand dieser Zettel seine genaue Stundenzahl – und damit die Rechtfertigung seines Werklohnes – nachweisen, kann er diesen Anspruch eben auch nicht geltend machen, so ein Urteil des Landgerichtes Frankfurt am Main (3-15 O 3/20 vom 21. Juni 2021).
In diesem Fall ging es um Fliesenarbeiten, die nach § 15 VOB/B ordentlich dokumentiert werden sollten. Dazu gehörten das Datum, die Bezeichnung des Ausführungsorts innerhalb der Baustelle, die Namen der Arbeitskräfte, die Art der Leistung und deren Beschreibung sowie – logisch – die geleisteten Arbeitsstunden je Arbeitskraft. Insgesamt wollte die Auftragnehmerin knapp 100.000 Euro als Werklohn verlangen, dokumentierte teilweise jedoch weder die Namen der Arbeitskräfte noch deren Einsatzort innerhalb der Baustelle. Deswegen wurde die Forderung von der Auftraggeberin nicht anerkannt, wogegen die Auftrag nehmende Fliesenfachfirma klagte. Auch eine Unterschrift des Bauleiters unter die unvollständigen Stundenzettel reichte dem Urteil nach nicht als Nachweis aus.
Kein Schadenersatz bei vorbehaltloser Abnahme?
Eine Abnahme einer Bauleistung ohne Mängelvorbehalt schließt nur die in § 640 Abs. 3 BGB genannten Rechte, nicht die Ansprüche des Auftraggebers auf Schadensersatz wegen ihm entstandener Mangel- oder Mangelfolgeschäden aus, so ein Urteil des OLG Köln (16 U 115/21 vom 1. Dezember 2021).
Dieser juristisch kompliziert klingenden Begründung lag ein eher simpler Fall zugrunde – nämlich der Einbau einer einfachen Duschtrennwand, gegen deren festgestellten mangelhaften Einbau der Auftraggeber klagte. Zuvor ging der Auftragnehmer davon aus, dass mit dem Übersenden der Schlussrechnung und deren Annahme durch den Auftraggeber eine vorbehaltlose Abnahme erfolgt sei. Das jedoch verneinte am Ende nicht nur der Auftraggeber, da er nur die Hälfte, etwa 6.000 Euro, zahlte und auf den unfertigen Bauzustand hinwies, sondern auch das Gericht. Generell könne es aber sein, dass bei einer Abnahme auch die Schadensersatzansprüche erlöschen – nur nicht, und zum Glück für den auftraggebenden Bauherren, in diesem Fall.
Dachdecker nicht für fehlende Fangnetze verantwortlich
Falls es am Bau zu einem Arbeitsunfall kommt, ist dafür gegenüber einer Unfallversicherung nicht der Unternehmer verantwortlich, der sich auf deren Einrichtung verlässt, so ein Urteil von Deutschlands höchstem Zivilgericht, dem BGH (VII ZR 170/19 vom 9. Dezember 2021). Ein Urteil des OLG Frankfurt (12 U 293/20 vom 27. Oktober 2021) zielt in die gleiche Richtung und legt den Arbeitsschutz in die Hände des Auftraggebers.
In diesem Fall hatte ein Dachdeckerunternehmen den Auftrag erhalten, die Dacheindeckung von Hallen durch Trapezbleche zu ersetzen. Dafür beauftragte das Unternehmen einen Gerüstbauer mit der Errichtung des Gerüsts, welcher dieser wieder an eine weitere Firma vergab. Das Gerüst wurde ohne Fangnetz und ohne Bordbretter errichtet. Ein Azubi der Dachdeckerfirma stürzte dadurch und verletzte sich schwer. Die zuständige Unfallversicherung wollte dafür den Arbeitgeber des Azubis in Haftung nehmen. Das nun wurde vom BGH abgewiesen, nachdem einige Vorinstanzen noch anders urteilten. Dem BGH nach hätte der Arbeitgeber den Unfall selbst durch eigenes Tun herbeiführen müssen. Doch das war nicht der Fall. Allerdings könne geprüft werden, ob dem Geschäftsführer der Dachdeckerfirma ein persönliches Verschulden zuzurechnen wäre.
Das OLG Frankfurt sieht die Pflicht für den Arbeitsschutz an der Baustelle komplett beim Auftraggeber für das gesamte Bauwerk. Der habe im Rahmen eines Werkvertrags alles Zumutbare und Mögliche zu tun, um den Auftragnehmer bei der Ausführung seiner vertraglichen Pflichten vor Schäden zu bewahren.
Neues Dach erzeugt keinen Minderwert
Überlässt man bei einem Bauvertrag einen Teil der materiellen Ausführung dem Auftragnehmer und errichtet dieser aufgrund dessen und seiner Erfahrung ein Bauwerk, wird kein Minderwert erzeugt, wenn das Bauwerk funktionsfähig ist. Dazu müsste eine geringere Verwertbarkeit vorliegen, so das OLG Naumburg (2 U 41/19 vom 30. Juli 2021).
Im vorliegenden Fall ging es um die Dachgestaltung eines Parkhauses mit Trapezblechen. Weder in der Baubeschreibung noch im Bauvertrag waren ein Schutzsystem der Stahlbleche sowie eine Befestigungsart geregelt. Der beauftragte Unternehmer, ein auf Parkhäuser spezialisiertes Bauunternehmen, installierte dies entsprechend seines Know-hows und nach dem Stand der Technik. Doch die Auftraggeberin fand immer mehr Mängel, die anfangs noch vom Goodwill des Auftragnehmers abgedeckt wurden, irgendwann jedoch überhandnahmen. Schließlich kündigte die Auftraggeberin den Bauvertrag. Die Auftragnehmerin stellte daraufhin ihre Schlussrechnung, deren Begleichung jedoch in Teilen verweigert wurde. Dagegen klagte das Bauunternehmen und bekam nun im vollen Umfang aufgrund der fehlenden Präzisierung der geforderten Bauleistungen im Vorfeld recht.