An dieser Stelle bringen wir einmal monatlich aktuelle Urteile rund um Bauen, Handwerk und Immobilien. Sie enthalten immer die Quelle sowie eine kurze Einschätzung durch unsere Redaktion, welche Folgen diese Urteile haben und welche Konsequenzen sich daraus für unsere Leser ableiten könnten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
Bild: Pixabay / NoName_13 Werkvertrag bei Dokumentation von Baumängeln
Ein Vertrag, der die Dokumentation von Baumängeln sowie deren monetäre Bewertung umfasst, wird rechtlich als Werkvertrag eingestuft. Diese Einstufung bleibt selbst dann bestehen, wenn in dem Angebot darauf hingewiesen wird, dass die Regelungen des Dienstvertrags Anwendung finden sollen, so das OLG Frankfurt (29 U 108/20 vom 23. November 2022).
In diesem Fall hatte die Beklagte den Kläger beauftragt, nach dem Kauf eines Hotelgrundstücks mögliche Baumängel zu dokumentieren, um diese gegenüber der Pächterin geltend zu machen. Der Kläger führte diese Arbeit durch und erstellte eine Mängelliste sowie über 9.000 Fotos, die einen Beseitigungsaufwand von mehreren Millionen Euro nahelegten. Nach einer Neuauflage der Mängelliste, die den Beseitigungsaufwand reduzierte, erhob die Beklagte Klage gegen die Pächterin, zahlte dem Kläger nach dessen Kündigung aber nicht die volle vereinbarte Vergütung.
Die Streitigkeiten um die Vergütung und die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Vertrages durch den Kläger führten zu dem Gerichtsverfahren. Das Landgericht wies die Klage teilweise ab, während das Berufungsgericht dem Kläger einen Teil der geforderten Summe zusprach. Es begründete die Entscheidung damit, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag zustande gekommen sei und der Kläger Anspruch auf die zusätzliche Vergütung für die erbrachten Leistungen habe, auch unter Berücksichtigung der nicht im Gerichtsverfahren geltend gemachten oder abgewiesenen Mängel.
In dem Urteil ging es auch noch um einen weiteren Vorfall: Sollte der Auftraggeber mit den Worten "Hau ab! Ich bin fertig mit Dir!" eine Vertragsbeziehung beenden, kann diese Aussage als fristlose Kündigung interpretiert werden. Allerdings bedarf es für deren Rechtswirksamkeit nicht nur der klaren Äußerung des Kündigungswillens, sondern auch eines triftigen Grundes für diese drastische Maßnahme. Weiterhin gilt bei Werkverträgen, die eine Kündigung ausschließlich aus wichtigem Grund vorsehen, dass eine auf einen wichtigen Grund gestützte Kündigung nicht einfach in eine sogenannte freie Kündigung umgedeutet werden kann, sollte der erforderliche wichtige Grund tatsächlich nicht vorliegen.
Wer Vertrag abschließt, muss nicht flüssig sein
Die Unterzeichnung eines Werk- oder Bauvertrags impliziert nicht stillschweigend, dass der Unternehmer zahlungsfähig ist, da seine Hauptverpflichtung in der Erfüllung des Werks liegt, nicht in der Zahlungsleistung. Ein Unternehmer kann den Vertrag erfüllen, selbst wenn er nicht in der Lage ist, alle seine Verbindlichkeiten zu begleichen, so das OLG Düsseldorf (22 U 212/23 vom 8. Februar 2024)
Bei Vertragsabschlüssen trägt dem Urteil zufolge jede Partei die Verantwortung, die mit dem Vertrag verbundenen Risiken eigenständig zu bewerten. Falls der Auftraggeber Vorauszahlungen leistet, liegt es an ihm, die damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken zu beurteilen. Ohne explizite Nachfragen oder Untersuchungen zur finanziellen Situation des Unternehmers seitens des Auftraggebers kann nicht erwartet werden, dass der Unternehmer seine finanziellen Verhältnisse von sich aus offenlegt. Wird der Vertrag jedoch vom Auftraggeber aus triftigem Grund gekündigt, kann er die Erstattung der Mehrkosten für die Fertigstellung des Werks durch einen Dritten fordern. Dazu muss er darlegen, welcher Betrag dem ursprünglichen Unternehmer ohne die Kündigung zugestanden hätte und was letztlich an den Drittanbieter gezahlt wurde.
In diesem Fall wurde ein Unternehmer (Kläger) vom Auftraggeber (Beklagter) mit der Komplettsanierung eines Bades und weiteren Bauarbeiten beauftragt, wofür eine Vorauszahlung von 21.300 Euro geleistet wurde. Es kam zum Streit über die Fertigstellung der Arbeiten, woraufhin der Beklagte den Vertrag kündigte und Schadensersatz sowie Kosten für mangelhafte Leistungen und deren Behebung forderte. Der Kläger beantragte später Insolvenz und widersprach der Annahme, seine Forderungen beruhten auf unerlaubter Handlung.
Das Landgericht entschied, dass die Forderungen des Beklagten nicht aus einer unerlaubten Handlung des Klägers resultieren, da keine Beweise vorlagen, die darauf hindeuteten, dass der Kläger bei Vertragsabschluss die Absicht hatte, den Vertrag nicht zu erfüllen oder sich bezüglich seiner wirtschaftlichen Situation betrügerisch verhalten hätte. Das OLG sah aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg für die Berufung des Beklagten. Es hob auch hervor, dass bei der Kündigung eines Werkvertrags dem Unternehmer für bereits erbrachte Leistungen ein Vergütungsanspruch zusteht, unabhängig von etwaigen Mängeln der Leistung.
Vergütung bei Bauzeitverlängerung nach tatsächlichen Kosten
Wenn ein Auftraggeber dem Auftragnehmer während einer Baubesprechung mitteilt, dass sich der Beginn der Arbeiten aufgrund von Verzögerungen durch einen Vorunternehmer verschiebt, stellt dies weder eine offizielle Anordnung gemäß VOB/B dar, noch ein Angebot zur Anpassung der vertraglichen Bauzeiten, so das OLG Köln (7 U 173/20 vom 21. Dezember 2023).
Verzichtet der Auftragnehmer bei der Vereinbarung eines Nachtrags darauf, explizit Mehrkosten aufgrund von Bauzeitverlängerungen vorzubehalten, wird generell angenommen, dass das Angebot für den Nachtrag alle zusätzlichen Leistungen einschließt; somit können später keine weiteren, bauzeitbezogenen Kosten geltend gemacht werden. Für die Geltendmachung von Ansprüchen auf zeitabhängige Mehrkosten ist eine detaillierte Darstellung der tatsächlichen und geplanten Abläufe auf der Baustelle erforderlich, um die Verlängerung der Bauzeit nachvollziehbar zu machen. Ohne spezielle Vereinbarung muss ein Anspruch auf Mehrvergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) anhand der tatsächlich entstandenen Mehrkosten inklusive angemessener Zuschläge für Baustellengemein-, allgemeine Geschäftskosten und Gewinn detailliert dargelegt und bewiesen werden. Kalkulatorische Methoden, etwa die Schätzung von Produktivitätsverlusten basierend auf Erfahrungswerten, sind für diese Nachweisführung unzureichend.
Der Fall betrifft einen Restwerklohnanspruch nach Kündigung eines Bauvertrages. Die Baufirma hatte einen Auftrag für einen Anbau an einem Gymnasium erhalten, es kam jedoch zu Verzögerungen und schließlich zur gegenseitigen Kündigung des Vertrags. Die Firma forderte in ihrer Schlussrechnung über eine Million Euro, die Beklagte leistete Abschlagszahlungen, stritt aber weitere Forderungen ab und verwies auf Gegenansprüche.
Nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Baufirma nahm der Insolvenzverwalter den Rechtsstreit wieder auf und stützte sich dabei auf ein baubetriebliches Gutachten. Das Landgericht sprach einen Teil der geforderten Summe zu, lehnte aber andere Forderungen ab, etwa für Mehrkosten aufgrund von Bauzeitverzögerungen, da diese nicht konkret genug dargelegt oder fiktiv berechnet wurden. Gegenforderungen der Beklagten wurden ebenfalls als nicht ausreichend substantiiert angesehen. Dem folgte das OLG.
Wann Forderung nach Mängelbeseitigung unverhältnismäßig wird
Ein Auftragnehmer darf die Behebung eines Mangels oder die Zahlung eines Vorschusses dafür verweigern, falls die Kosten für die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig hoch sind. Die Entscheidung darüber, ob die Kosten als unverhältnismäßig anzusehen sind, basiert nicht ausschließlich auf der Höhe der Beseitigungskosten im Vergleich zu den Herstellungskosten des mangelbehafteten Objekts, so das OLG Frankfurt (13 U 347/19 vom 26. März 2021).
Stattdessen ist eine umfassende Abwägung der Interessen beider Parteien erforderlich. Hierbei wird der Aufwand für die Mängelbeseitigung dem Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Sache gegenübergestellt. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann haltbar, wenn das Insistieren auf einer mangelfreien Erfüllung im Lichte des objektiven Interesses des Auftraggebers an dieser Erfüllung, gemessen an dem notwendigen Aufwand und unter Berücksichtigung aller Umstände, als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden muss.
Mängel an Photovoltaik-Dachanlagen verjähren in fünf Jahren
Die Photovoltaik boomt. Bislang gab es gelegentlich Unklarheiten über die Verjährungsfrist von Mängeln an Aufdach-Photovoltaikanlagen. Nun gibt es dazu ein Urteil. Das OLG Schleswig (12 U 63/20 vom 1. Februar 2023) bestätigt unter Berufung auf den BGH, dass auch hier fünf Jahre als Verjährungsfrist gelten.