An dieser Stelle bringen wir einmal monatlich aktuelle Urteile rund um Bauen, Handwerk und Immobilien. Sie enthalten immer die Quelle sowie eine kurze Einschätzung durch unsere Redaktion, welche Folgen diese Urteile haben und welche Konsequenzen sich daraus für unsere Leser ableiten könnten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
Bild: pixabay.com / AJEL Auch in dieser Folge geht es um einen Fall, bei dem die verstärkte Nutzung regenerativer Energien eine Rolle spielt – in Form von Stromspeichern für Sonnenkraft.
Händler muss für gedrosselte Stromspeicher blechen
Werden Stromspeicher – aus welchen Gründen auch immer – abgeschaltet, können die Käufer Schadensersatz verlangen. Das gilt auch für Sicherheitsmängel, die den Speicher unbrauchbar machen, so das Landgericht Bielefeld (9 O 212/24 vom 23. Januar 2025).
Hier wurde der Händler von Stromspeichersystemen eines zu den Marktführern zählenden deutschen Herstellers zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt – aufgrund von Leistungsdrosselungen und Sicherheitsmängeln. Die Klägerin erwarb eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher, einer Wallbox sowie einem Erweiterungsmodul. Aufgrund der Brandgefahr reduzierte der Hersteller die Speicherkapazität auf 70 %. Mehrfache Aufforderungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands blieben erfolglos. Die vom Hersteller vorgenommene Kapazitätsreduktion stelle einen erheblichen Sachmangel dar, so das Gericht.
Zum Hintergrund: Die Stromspeicher des betroffenen Herstellers stehen seit 2022 aufgrund von Brandfällen und technischen Problemen in der Kritik. Nachdem mehrere Geräte Feuer gefangen hatten, wurde per Software-Update die Kapazität zahlreicher Speicher reduziert. Viele Verbraucher erlitten dadurch erhebliche Einschränkungen und finanzielle Verluste. Da die Entschädigungsangebote des Herstellers nicht ausreichten, klagten immer mehr Betroffene.
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Bei Verträgen rund um Immobilienverkäufe geht es nicht selten vor Gericht. So auch in unserem nächsten Urteil.
Neues Dach heißt: Neues Dach
Mit Sprachlogik musste sich der BGH befassen. Wenn in einem Vertrag steht: „Dach komplett erneuert“, dann muss es auch so sein. Der allgemeine Sprachgebrauch sei als allgemeiner Erfahrungssatz revisibel, sprich: anfechtbar. Es gebe keinen allgemeinen Sprachgebrauch des Inhalts, dass unter einem in einem bestimmten Jahr komplett erneuerten Dach stets nur die Erneuerung der obersten Dachschicht (hier: Bitumenbahnen) zu verstehen sei, so der BGH (V ZR 229/23 vom 6. Dezember 2024).
Die Kläger kauften ein Einfamilienhaus, bei dem im Maklerexposé angegeben war, dass das Dach 2009 komplett erneuert wurde. Tatsächlich wurden damals nur die Bitumenbahnen ausgetauscht, nicht aber die Unterkonstruktion oder Dämmung. Die Kläger forderten Schadensersatz für die vollständige Dachsanierung in Höhe von ca. 20.337 €. Das sah der BGH als rechtens an, hob die Entscheidung der Vorinstanz OLG Dresden auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Die Richter entschieden, dass es keinen allgemeingültigen Sprachgebrauch gibt, wonach „Dach komplett erneuert“ nur die oberste Schicht betrifft. Käufer dürfen aufgrund einer solchen Formulierung eine umfassendere Sanierung einschließlich Unterkonstruktion und Dämmung erwarten.
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Kein Bauwerk ohne Mängel. Auch das hatten wir an dieser Stelle schon öfter beschrieben – bis hin zum Gang vors Gericht. Und das kann, wie in diesem Falle, recht lange dauern.
Mängelbeseitigung: Auftraggeber kann vor Fristablauf kündigen
Wenn der beauftragte Handwerker oder Dienstleister während der Frist zur Nachbesserung die Mängelbeseitigung endgültig ablehnt, muss der Auftraggeber nicht bis zum Fristende warten, um weitere Schritte einzuleiten. In diesem Fall kann er den ausstehenden Werklohn mit einem Vorschuss verrechnen, den er für die Mängelbeseitigung benötigt. Allerdings entfällt dieser Anspruch, wenn der Auftraggeber bereits eine ausreichende Sicherheitsleistung hinterlegt oder einen Teil des Werklohns einbehalten hat und somit genug Geld zur Behebung der Mängel zur Verfügung steht, so das OLG Köln (19 U 98/21 vom 2. Mai 2022).
Die Klägerin verlangte hier eine Zahlung für Bauleistungen, die sie für die Beklagten durchgeführt hatte. Diese Bauarbeiten umfassten den Ausbau einer Schwimmhalle sowie die Installation eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) an einem Einfamilienhaus. Die Beklagten verweigerten die Zahlung und machten Gegenansprüche geltend, insbesondere wegen Mängeln am WDVS und Schäden an einem Garagentor. Die Forderung der Klägerin, also des Bauunternehmens, war bereits Ende 2019 verjährt, da ein BGB-Bauvertrag mit einer dreijährigen Verjährungsfrist vorlag. Die Klägerin konnte sich nicht auf eine längere Frist nach VOB/B berufen.
Das WDVS wies erhebliche Mängel auf, da ein nicht zugelassenes Material verwendet wurde. Die Beklagten durften daher die Kosten für die Mängelbeseitigung (über 120.000 €) gegen die Forderungen der Klägerin aufrechnen. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass die Beklagten die Verwendung des falschen Materials akzeptiert hatten. Da die Forderungen der Klägerin verjährt oder durch Aufrechnung erloschen waren, hatte sie auch keinen Anspruch auf Zinsen oder Erstattung von Anwaltskosten.
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Zum Schluss noch was eher Abseitiges. Man kann Architektur studieren und danach trotzdem kein Architekt sein – auch wenn man einen Abschluss hat. Warum das so sein kann, hatte man in der Thüringer Landeshauptstadt zu entscheiden.
Architekt nicht automatisch durch Studium
Die von Hochschulen akkreditierten Architektur-Studiengänge erfüllen nicht automatisch Voraussetzungen zum Führen der Bezeichnung Architekt. Da nicht jede Hochschule ihre Studiengänge auf das Berufsrecht abstimmt, müssen Studenten sich selbst informieren, so das LG Erfurt (9 O 455/23 vom 7. November 2024).
Der Kläger hatte sich im Winter 2020/21 für ein duales Architektur-Studium an der IU Internationale Hochschule (damals IUBH) entschieden. Ihm wurde in einer Broschüre suggeriert, dass er nach einem Bachelor- und anschließendem Masterstudium sowie zwei Jahren Berufserfahrung die Berufsbezeichnung „Architekt“ tragen könne. Er erfuhr jedoch erst im Wintersemester 2022/23, dass das Studium nicht „kammerfähig“ ist, also nicht zur Eintragung in eine Architektenkammer berechtigt. Da diese Voraussetzung in vielen Bundesländern notwendig ist, um als Architekt arbeiten zu können, kündigte er seinen Studienvertrag fristlos und begann ein Architekturstudium an einer anderen Hochschule.
Der Kläger verlangte von der IU den Ersatz aller finanziellen Nachteile, die ihm durch den späteren Berufseinstieg entstehen würden, einschließlich Gehaltsausfälle und Renteneinbußen in Höhe von mindestens 90.000 Euro. Die IU muss jedoch keinen Schadensersatz zahlen, da kein direkter kausaler Schaden des Klägers festgestellt werden konnte. Der Kläger hätte sich selbst bei der Architektenkammer seines Bundeslandes erkundigen müssen, ob das Studium zur Eintragung als Architekt berechtigt. Und: Der Kläger hätte den Bachelor erfolgreich abschließen, ein Masterstudium absolvieren und danach Berufserfahrung sammeln müssen. Ob er all das tatsächlich geschafft hätte, ist ungewiss.