An dieser Stelle bringen wir einmal monatlich aktuelle Urteile rund um Bauen, Handwerk und Immobilien. Sie enthalten immer die Quelle sowie eine kurze Einschätzung durch unsere Redaktion, welche Folgen diese Urteile haben und welche Konsequenzen sich daraus für unsere Leser ableiten könnten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
Bild: HTD Kein Bauwerk ohne Mängel. Darum geht es auch in diesem Monat, insbesondere, ob eine Mängelbeseitigung abgenommen werden muss und wie sich das auf die Verjährung auswirkt.
Zweijährige Verjährungsfrist nach Abnahme der Mängelbeseitigung
Bei einem VOB/B-Vertrag muss der Auftraggeber eine nicht verwertete Gewährleistungssicherheit spätestens zwei Jahre nach deren Ausstellung zurückgeben, sofern kein abweichender Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde. Wird nachträglich vereinbart, dass die Sicherheit erst nach Verjährung möglicher Mängelansprüche zurückzugeben ist, entfällt das Zurückbehaltungsrecht mit Eintritt der Verjährung. Nach der Abnahme einer Mängelbeseitigungsleistung beginnt für diese eine neue zweijährige Verjährungsfrist. Erfolgt jedoch keine Abnahme, beginnt auch keine neue Frist. Ein selbständiges Beweisverfahren gilt bereits als beendet, wenn die Beweissicherung sachlich abgeschlossen ist – nicht erst mit dem Streitwertbeschluss, so das OLG Schleswig (12 U 9/23 vom 12. Februar 2025).
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg wurde zurückgewiesen, soweit sie zur Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft verurteilt worden war. Die Klägerin hatte diese Bürgschaft im Rahmen eines VOB/B-Vertrags über Rohbauarbeiten gestellt. Die Bürgschaft war nicht verwertet worden und ist nach § 17 Abs. 8 VOB/B grundsätzlich zwei Jahre nach Ausstellung zurückzugeben – hier also seit 2018. Zwar hatten die Parteien vereinbart, dass die Rückgabe erst nach Verjährung etwaiger Mängelansprüche erfolgt, doch diese waren spätestens im Dezember 2022 verjährt. Auch durch eine Streitverkündung oder ein späteres selbständiges Beweisverfahren wurde die Verjährung nicht länger gehemmt. Eine neue Verjährungsfrist durch Abnahme von Mängelbeseitigungsleistungen wurde nicht ausgelöst, da eine Abnahme nicht stattfand. Damit besteht kein Zurückbehaltungsrecht mehr, und die Bürgschaft ist herauszugeben.
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Wann gilt ein Werkvertrag, wann ein Kaufvertrag – das hatten wir an dieser Stelle mehrfach erörtert. Und auch im Mai kommen wir da nicht drumherum.
Werkvertrag bei Montage einer Klimaanlage
Wird im Vertrag eine Komplettmontage einer Klimaanlage vereinbart, ist diese so auszulegen, dass sie die vollständige und fachgerechte Umsetzung der vereinbarten Ausführung umfasst. Ist die Montage von Beginn an nicht geeignet, die vom Besteller gewünschte Ausführung – etwa durch einen Subunternehmer – ohne erhebliche Mehrkosten umzusetzen, kann dies eine Schlechtleistung darstellen. Alternativ kann auch – eben nach Werkvertragsrecht, das hier wegen des hohen Montageanteils anzuwenden war – ein Rücktrittsrecht wegen unterlassener Aufklärung über die mangelnde Machbarkeit der Montage bestehen, so das LG Karlsruhe (6 O 92/23 vom 24. Januar 2025).
Die Beklagte, hier der Klimatechnikfachbetrieb, wurde zur Rückzahlung von 9.280 Euro an die Klägerin verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe gelieferter Klimageräte, da ein wirksamer Rücktritt vom Vertrag wegen Schlechtleistung und unterlassener Aufklärung vorlag. Die vertraglich geschuldete Montage war von Anfang an nicht geeignet, die gewünschten Einbauverhältnisse ohne erhebliche Mehrkosten umzusetzen. Zudem hatte die Beklagte nicht über die mangelnde Machbarkeit vorab aufgeklärt.
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Ebenfalls ein Dauerbrenner in dieser Serie, wenn auch noch nicht so lang wie Baumängel oder Vertragsstreitigkeiten, sind all jene Rechtsfälle, die sich um regenerative Energien und deren Technologien drehen. So auch der folgende Fall (der auch die Frage zu beantworten hatte, ob nun Kauf- oder Werkvertrag vorliegt).
Nur Verdacht reicht bei Mangelnachweis nicht aus
Ein Vertrag über die Lieferung einer Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher ist als Kaufvertrag zu qualifizieren, wenn standardisierte Komponenten geliefert werden und die Montage nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ein bloßer Mangelverdacht begründet grundsätzlich keinen Sachmangel. Ein Rücktritt wegen eines behaupteten Mangels ist unwirksam, wenn der Käufer die von ihm gesetzte Nachbesserungsfrist nicht abwartet und bereits während deren Laufzeit zurücktritt. Zudem kann ein Rücktritt nur auf solche Mängel gestützt werden, die zuvor konkret gerügt und mit Frist zur Nachbesserung geltend gemacht wurden, so das OLG Dresden (10 U 923/24 vom 27. März 2025).
Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers bezüglich des Kaufpreises für einen Batteriespeicher seiner Photovoltaikanlage besteht demnach nicht. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es handelte sich um einen Kaufvertrag über Standardkomponenten, bei dem die Montage lediglich eine untergeordnete Rolle spielte. Ein Sachmangel lag nicht vor – insbesondere genügte ein bloßer Mangelverdacht nicht, um einen Rücktritt zu rechtfertigen. Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass der Batteriespeicher bei Gefahrübergang mangelhaft war. Zudem war der Rücktritt unwirksam, weil er vor Ablauf der gesetzten Nachbesserungsfrist erklärt wurde und sich zudem auf andere als die konkret gerügten Mängel stützte.
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Zum Schluss noch ein eher exotischer Fall aus norddeutschen Gefilden. Reetdächer sind hier bewährt und beliebt. Dennoch können sie in ein Konfliktfeld zwischen Denkmal- und Brandschutz geraten.
Brandschutz-Ausnahmen beim Reetdach
Brandschutzanforderungen, die ausschließlich dem Schutz der Bewohner und Nutzer eines Gebäudes dienen – wie etwa Regelungen zu Rettungswegen, notwendigen Treppenräumen oder Umwehrungen – gelten nicht als nachbarschützend. Sie betreffen lediglich die innere Sicherheit des Gebäudes und haben keine unmittelbare Schutzwirkung für angrenzende Grundstücke. Anders verhält es sich bei Brandschutzvorgaben, die darauf abzielen, eine Ausbreitung von Feuer über die Grundstücksgrenzen hinaus zu verhindern. Dazu zählen insbesondere Vorschriften über äußere Brandwände und die Einhaltung von Abständen zwischen Gebäuden. Diese Anforderungen dienen dem Schutz benachbarter Grundstücke und gelten daher als nachbarschützend. In bestimmten Fällen, etwa in historisch gewachsenen Ortskernen mit bauhistorisch oder volkskundlich bedeutsamer Bausubstanz, können jedoch Ausnahmen von diesen abstandsrechtlichen Anforderungen zugelassen werden. Wenn die bauliche Situation eine vertretbare brandschutztechnische Bewertung zulässt, dürfen die üblichen Abstände unterschritten werden, ohne dass dies zwingend dem Brandschutz entgegensteht, so das VG Schleswig (8 A 2/22 vom 5. März 2025).
Die Klägerin wandte sich gegen eine Baugenehmigung für ein denkmalgeschütztes Reetdachhaus auf dem Nachbargrundstück. Die Genehmigung erlaubte Umbau und Sanierung, einschließlich Abriss von Nebengebäuden, bei gleichbleibender Gebäudeform. Wegen Unterschreitung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstands beantragte die Bauherrin eine Abweichung. Der tatsächliche Abstand zwischen den Gebäuden beträgt etwa zehn Meter, was den geforderten Gesamt-Mindestabstand erfüllt. Die Klägerin argumentiert, dass die Brandschutzanforderungen verletzt seien und der betreffende Ortsteil keinen „bauhistorisch oder volkskundlich wertvollen Ortskern“ darstelle. Sie hielt die geplanten Brandschutzmaßnahmen für unzureichend und verwies auf die Brandgefahr durch das Reetdach. Der Beklagte und die Beigeladene verwiesen hingegen auf die historische Bedeutung des Ortskerns und die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Abweichung mit denkmalgeschützter Bausubstanz. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine brandschutzrechtliche Abweichung vorliegen, da der gesetzliche Mindestabstand eingehalten wird und ein historischer Ortskern vorliege. Zudem liege eine erhebliche Reduzierung der Brandlast vor, was eine Zurückstellung brandschutzrechtlicher Bedenken rechtfertige. Die Baugenehmigung verletzt keine nachbarschützenden Rechte der Klägerin.