Bild: HTD Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
Mängel, Mängel, Mängel… Am Bau geht es selten ohne sie. Auch in unserer heutigen Urteilsfolge kommen wir nicht darum herum, wie unsere ersten beiden Fälle zeigen.
Keine volle Haftung bei Bedenkenanzeige
Ein Auftragnehmer muss bei erkennbaren Vorschäden den Auftraggeber auf Risiken hinweisen, um nicht für Mängel zu haften. Im konkreten Fall musste ein Maler nur 50 % der Selbstvornahmekosten tragen, da der Auftraggeber die Vorschäden verschwiegen hatte, so das OLG Brandenburg (4 U 83/23 vom 20. Juni 2025).
Im Streitfall hatte ein Malerbetrieb eine Fassade gestrichen, an der bereits konstruktionsbedingte Feuchtigkeitsschäden vorhanden waren. Der Auftraggeber verschwieg diese Vorschäden, ließ nach Mängeln die Arbeiten auf eigene Kosten nachbessern und verlangte anschließend Ersatz. Das Landgericht wies die Klage zunächst ab, doch das OLG Brandenburg hob diese Entscheidung teilweise auf: Da die Schäden für den Maler erkennbar waren, hätte er eine ordnungsgemäße Bedenkenanzeige machen müssen. Weil diese unterblieb, blieb er teilweise haftbar. Gleichzeitig erkannte das Gericht ein Mitverschulden des Auftraggebers, der seine Kenntnis der Vorschäden nicht offengelegt hatte, und kürzte den Anspruch um 50 %. So erhielt der Auftraggeber nur die Hälfte seiner geltend gemachten Kosten. Das Urteil betont, dass Auftragnehmer aktiv auf erkennbare Risiken hinweisen müssen, um Gewährleistungs- und Regressansprüche zu vermeiden.
Bei BGB-Gewährleistung keine Verjährung durch Mängelrüge
Bei einem Bauvertrag mit VOB/B, aber ausdrücklich vereinbarter Geltung der werkvertraglichen Vorschriften des BGB, gilt für die Verjährung ausschließlich das BGB. Die in § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B vorgesehene Hemmung durch Mängelrüge greift dann nicht, so das OLG München (20 U 1009/24 Bau vom 13. Juni 2024).
Die Kläger hatten 2015 Installationsarbeiten für Wasserleitungen beauftragt. Abnahme war spätestens im Juli 2016 erfolgt, u. a. konkludent durch Weiterverkauf der Wohnungen. Spätestens Ende Juli 2021 lief die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) ab. Ein selbständiges Beweisverfahren wurde zwar am 11. Juli 2021 eingeleitet, betraf aber nicht die hier streitigen Mängel, sondern einen anderen Werkmangel (Trinkwassererwärmer). Daher trat keine Hemmung der Verjährung ein. Auch eine Hemmung durch Streitverkündung im Oktober 2021 war ausgeschlossen, weil zu diesem Zeitpunkt die Forderung bereits verjährt war.
Die Kläger beriefen sich erfolglos auf arglistiges Verschweigen, um die Verjährung nach § 634a Abs. 3 BGB auf drei Jahre ab Kenntnis zu verlängern. Das Gericht sah keinen Nachweis für Arglist: Die Beklagte hatte die Problematik der Dämmstärke bereits 2016 offen kommuniziert. Eine Beweisaufnahme oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich; ein Ermittlungsverfahren gegen einen Zeugen rechtfertigte auch keine Aussetzung. Damit war der Schadensersatzanspruch der Kläger wegen mangelhafter Rohrleitungsisolierung fünf Jahre nach Abnahme verjährt.
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Wenn der Nachbar dem Nachbarn kein Nachbar ist – und er ihn vor allem nicht mehr sehen kann (oder sehen will): Wie ein Sichtschutzzaun einen Streit vom Zaun bricht (daher kommt wohl das Sprichwort), zeigt unser nächstes Urteil.
Sichtschutzzaun verletzt keine Nachbarrechte
Ein genehmigter PVC-Sichtschutzzaun verletzt selbst bei einem möglichen Verstoß gegen den Bebauungsplan keine drittschützenden Rechte, da nur gestalterische Ziele betroffen seien, so der VGH Bayern (15 CE 25.1111, vom 16. Juli 2025).
Geklagt hatten Grundstücksnachbarn, die den Rückbau eines 1,85 m hohen PVC-Sichtschutzzauns verlangten. Sie beriefen sich auf Abstandsflächen, eine gebäudeähnliche Wirkung des Zauns, Lärm durch das Parken an der Grenze und eine angeblich unzulässige Werkstattnutzung. Das Verwaltungsgericht hatte den Eilantrag abgelehnt, der VGH bestätigte nun diese Entscheidung. Zwar sei der Zaun eventuell nicht ganz im Einklang mit den Festsetzungen des Bebauungsplans, doch diese dienten nur gestalterischen Absichten und schützten keine individuellen Nachbarrechte. Der Zaun sei nach Art. 6 Abs. 7 BayBO zulässig, Abstandsflächen müssten nicht eingehalten werden. Auch der Vortrag zu Lärm und Werkstattbetrieb sei nicht entscheidungserheblich. Da die Beschwerde sich nicht ausreichend mit der Begründung des VG auseinandersetzte, wurde sie als unzulässig verworfen.
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Die HOAI war an dieser Stelle ja auch schon öfter Thema. Inwieweit hier Fehler zu korrigieren sind, zeigt unser nächster Fall.
Kostenberechnung zählt mehr als Endsumme
Für das Ingenieurhonorar nach HOAI 2013 ist die Kostenberechnung auf Basis der Entwurfsplanung maßgeblich; Fehler dürfen korrigiert werden, aber stets bezogen auf diesen Zeitpunkt, nicht auf spätere Vergabe- oder Abrechnungssummen. Zudem richtet sich eine vertraglich vereinbarte Vergütung wegen Bauzeitüberschreitung nach der abnahmereifen Fertigstellung, so das OLG Naumburg (2 U 38/24 vom 20. Mai 2025).
Im Streit stand Restvergütung einer Ingenieurin für Leistungsphasen 7 und 8 bei einem Wohnungsbauprojekt; die Beklagte war die Bauherrin. Maßstab für das Honorar sind nach § 6 HOAI die anrechenbaren Kosten aus der Kostenberechnung der Entwurfsplanung, nicht die tatsächlichen Baukosten oder nachträgliche Nachträge. Eine Korrektur der Kostenberechnung ist zulässig, muss aber auf den Planungsstand zurückbezogen werden. Für eine zusätzlich vereinbarte Zeitvergütung bei Bauzeitüberschreitung stellte das Gericht auf die abnahmereife Fertigstellung ab. Da die letzte Gewerkeabnahme am 19. November 2020 lag und der vereinbarte Termin mehr als sechs Monate überschritten war, sprach das Gericht der Klägerin 12 Wochen à 250 Euro zu, also 3.000 Euro, insgesamt weitere 3.748,49 Euro nebst Zinsen seit 1. Juni 2021. Weitere Forderungen, etwa Verzugszinsen auf eine frühere Abschlagsrechnung, ein Zeithonorar ohne schriftliche Beauftragung oder die Erstattung von Schlichtungskosten, blieben erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen; der Streitwert betrug 206.101,88 Euro.
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Unfälle auf der Baustelle gibt es leider auch. Und die Haftung hier ist meistens eindeutig, so auch in unserem heutigen letzten Fall.
Bei Rückwärtsfahr-Unfall haftet Baggerfirma
Bei einem Rückwärtsfahren haftet die Firma des Fahrzeugbetreibers vollständig, so das OLG Frankfurt (30 U 68/25 vom 23. Juli 2025).
Die Klägerin, ein gesetzlicher Unfallversicherungsträger, verlangte Ersatz von 4.830,55 € sowie Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Aufwendungen nach einem Baustellenunfall. Ein Mitarbeiter kniete beim Zuschneiden von Schweißbahnen auf der Straße, als der Geschäftsführer der Beklagten rückwärts mit einem Bagger fuhr und ihm über den Fuß rollte.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben, das OLG bestätigte nun die Entscheidung. Es bejahte eine Sorgfaltspflichtverletzung: Der Maschinenführer habe den rückwärtigen Gefahrenbereich nicht überprüft und keinen Einweiser eingesetzt, obwohl dies nach DGUV-Vorschriften und Herstelleranleitung zwingend geboten sei. Ein Mitverschulden des Geschädigten verneinte das Gericht – er durfte darauf vertrauen, dass sein Arbeitsbereich respektiert werde. Selbst wenn man eine geringe Mitverantwortung annehmen wollte, würde diese hinter dem groben Fahrfehler vollständig zurücktreten. Auch das Feststellungsinteresse für mögliche Spätfolgen – hier ein leicht erhöhtes Arthroserisiko – sei gegeben, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit gering sei. Damit müssen die Beklagten den vollen Schaden und künftige Kosten tragen.