An dieser Stelle bringen wir einmal monatlich aktuelle Urteile rund um Bauen, Handwerk und Immobilien. Sie enthalten immer die Quelle sowie eine kurze Einschätzung durch unsere Redaktion, welche Folgen diese Urteile haben und welche Konsequenzen sich daraus für unsere Leser ableiten könnten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Rechtsberatung ist. Für weitergehende Fragen zu diesen Urteilen können zugelassene Personen nach Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) kontaktiert werden.
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Dass ein Angebot kein Vertrag ist, sollte eigentlich klar sein. Dem ist aber nicht immer so, wie unser erster Fall zeigt.
Keine Passivhaus-Zusage ohne klare Vertragsannahme
Ein als „Angebot“ bezeichnetes Dokument mit dem Hinweis „Kunde wünscht Passivhausberechnung“ stellt keinen verbindlichen Vertrag über ein Fertighaus im Passivhausstandard dar, wenn keine entsprechende Annahme vorliegt. Eine fehlende Unterschrift spricht dabei gegen eine Vertragsbindung, so das OLG Nürnberg (6 U 1462/24 Bau vom 24. Februar 2025).
Im Streit verlangten die Kläger rund 177.687 Euro Schadensersatz, weil sie meinten, die Beklagte habe ein Fertighaus nach Passivhausstandard zugesagt, jedoch verspätet und nicht wie gewünscht geliefert. Sie beriefen sich auf ein Angebot vom 31. Mai 2021 mit dem Zusatz ihres Wunsches nach einer Passivhausberechnung. Das Gericht stellte aber klar, dass dieser Wunsch keine verbindliche Vertragsabrede darstellt. Die Beklagte habe später lediglich den Standard KfW 40 Plus angeboten, den die Kläger unterschrieben akzeptierten. Die Berufung wurde deshalb zurückgewiesen.
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Ausländische Arbeiter sind auf kaum einer deutschen Baustelle wegzudenken. Dennoch bleibt Deutsch die Verkehrssprache, in der alles geklärt werden sollte, auch wenn das in unserem folgenden Urteil letztlich nicht zutraf.
Zeitabrechnung ohne Detailpflicht ist nur begrenzte Nebenpflichtverletzung
Ein Auftragnehmer muss bei zeitbasierter Vergütung nur die Stundenanzahl und Stundensätze darlegen – weitere Aufschlüsselungen sind nur bei besonderer Vereinbarung nötig. Eine fehlende deutsche Betreuung auf der Baustelle kann zwar zu Schadensersatz führen, berechtigt aber nicht zur Leistungsverweigerung, so das OLG Koblenz (3 U 708/24 vom 7. Oktober 2024).
In dem Verfahren verlangte die Klägerin rund 29.880 Euro Werklohn aus einem nach Stunden abgerechneten Auftrag. Die Beklagte bestritt die Nachvollziehbarkeit der Abrechnung und rügte fehlende deutschsprachige Ansprechpartner auf der Baustelle. Das Gericht stellte fest, dass der Auftragnehmer grundsätzlich nur die geleisteten Stunden und die vereinbarten Stundensätze belegen muss; eine detaillierte Tätigkeitsaufstellung ist nur erforderlich, wenn der Auftraggeber ohne sie die erbrachte Leistung nicht einschätzen kann. Da die Beklagte die Arbeiten selbst beauftragt hatte, war ihr der Umfang bekannt. Zwar kann die fehlende sprachliche Betreuung eine Nebenpflichtverletzung darstellen und Schadensersatzansprüche ermöglichen, sie rechtfertigt jedoch nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Die Berufung wurde zurückgewiesen, lediglich der Zinszuspruch berichtigt.
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Schwarzgeld am Bau ist immer wieder ein Thema. Im folgenden Fall ging es zwar um eine Schwarzzahlung bei einer Kfz-Reparatur, doch lässt sich das Geschehene auch auf die Baubranche übertragen.
Schwarzarbeit macht Werkvertrag nichtig
Ein Kfz-Reparaturvertrag ist nichtig, wenn Zahlungen bar und auf Privatkonten ohne Rechnung abgewickelt werden und der Besteller dies kannte und zum Preisvorteil nutzte. Folge: Weder Werklohn- noch Gewährleistungs- oder Rückzahlungsansprüche bestehen, so das OLG Schleswig (1 U 38/24 vom 4. April 2025).
Ein Mercedes E 500 sollte nach Motorkontrollleuchte repariert werden. Der Kläger zahlte 2.860 Euro bar in Raten und zusätzlich 1.740 Euro per PayPal an den Bruder des Werkstattbetreibers, Rechnungen gab es zunächst nicht. Später verlangte der Kläger 12.042,97 Euro Schadensersatz und Nutzungsausfall; das LG als Vorinstanz gab teilweise statt. Das OLG wies die Klage ab: Die Abrede zielte ersichtlich darauf, Steuerpflichten zu umgehen (Barzahlungen ohne Quittung, gestückelte Überweisungen auf Familienkonten, keine Rechnungen). Bei einer solchen Praxis ist der Werkvertrag nach § 134 BGB i.V.m. SchwarzArbG nichtig. Damit entfallen Mängel- und Zahlungsansprüche; die Rückforderung gezahlter Beträge scheitert zusätzlich an § 817 S. 2 BGB. Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg, die des Klägers keinen. Streitwert: 12.042,97 Euro.
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Auch in dieser Folge geht es wieder um ein Urteil aus der komplexen Welt der Wohneigentümergemeinschaften.
Sanierung statt Flickwerk bei maroden Dachterrassen
Beschlüsse einer WEG über eine umfassende Sanierung alter Dachterrassen sind auch dann gültig, wenn die Kosten davon abweichen. Kostenschwankungen sind bei Bauarbeiten üblich und Angebote garantieren keine Endsumme. Angesichts wiederkehrender Wasserschäden ist die sofortige Gesamtsanierung ein Akt ordnungsgemäßer Verwaltung. Laut dem AG Bad Homburg (218 C 760/24 vom 19. Dezember 2024) drohten bei einer Zurückstellung gravierende Folgen.
Eine Wohnungseigentümerin focht Beschlüsse zur Terrassensanierung in einem 14-stöckigen Hochhaus mit 115 Einheiten an. Die Terrassen sind über 40 Jahre alt; seit Jahren treten Wassereintritte mit Schimmel und Pfützen in den darunterliegenden Wohnungen auf. Ein Architekt legte ein Sanierungskonzept mit vier Varianten vor; 15 Firmen wurden angefragt, zwei boten, ein Angebot wurde – mit Prüfvermerk und Aufschlägen für Unvorhergesehenes – zugrunde gelegt. Das Gericht hielt die Beschlüsse für hinreichend bestimmt und gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG ordnungsmäßig: Eine punktuelle Leckortung genügt nicht, da der Dachaufbau durchfeuchtet und zudem baurechtswidrig nur mit je einem Bodenablauf ausgestattet ist. Kostenstreuungen sind typisch und stehen der Entscheidung nicht entgegen. Unbestritten vorgetragene Schäden gelten nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Die Klage wurde abgewiesen; eine Finanzierung über Sonderumlage war zulässig.
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E-Mails sind keine amtlichen Dokumente. Das sollte eigentlich allgemein bekannt sein. Wie unser heutiger Fall aus der Welt des Arbeitsrechts zeigt, ist es das aber nicht.
Beschwerde per E-Mail ist unwirksam
Eine Beschwerde ist unzulässig, wenn sie lediglich per E-Mail eingereicht wurde. Auch ein unterschriebener PDF-Anhang genügt nicht, wenn keine qualifizierte Signatur oder ein sicherer Übermittlungsweg genutzt wird. Ein späterer Ausdruck aus der elektronischen Akte heilt den Formmangel nicht, so das LAG Niedersachsen (4 Ta 114/25 vom 6. Juni 2025).
Im Ausgangsfall verlangte die Arbeitnehmerin nach einem Vergleich die Festsetzung eines Zwangsgeldes, weil der Arbeitgeber keine Arbeitsbescheinigung erteilt habe. Nach Zurückweisung durch das Arbeitsgericht legte sie per E-Mail Beschwerde ein; der beigefügte PDF-Widerspruch war mit einfacher digitaler Signatur unterschrieben. Das Gericht stellte klar: Als bestimmender Schriftsatz muss die Beschwerde entweder schriftlich (§ 569 ZPO), zu Protokoll oder elektronisch nach § 130a ZPO eingereicht werden. Eine E-Mail zählt nicht zu den sicheren Übermittlungswegen und genügt auch mit Signatur im Anhang nicht, da weder qualifizierte Signatur noch beA/De-Mail vorliegen. Ein Ausdruck heilt den Mangel nicht, da sonst § 130a ZPO leerlaufen würde.