Auch wenn es derzeit keine Möglichkeiten gibt, Neubauten oder Bestandssanierungen zur fördern – im kommenden Jahr sollen wieder ausreichend Fördermittel bereitstehen. Gefördert wird dann bei Sanierungen nur noch der EE-55-Standard (bisher KfW 55). In der Praxis verbrauchen Gebäude mit einem solchen Standard etwa 70 bis 80 kWh je Quadratmeter und Jahr an Energie. Doch das ist nur schwer zu erreichen.
Wärmepumpen eigenen sich dafür, im KfW-55-Standard sanierte Häuser zu beheizen.
Bild: BWP
Auch hier ist wie beim Neubau mit dem EE-40-Standard die Dämmung entscheidend. Streng genommen müsste man wiederverwertbare und nachhaltig erzeugte Dämmmaterialien verwenden, also Mineralwolle oder biogene Dämmstoffe. Doch die verfügen meist über eine geringere Dämmfähigkeit als Polystyrol, das auch in den beliebten Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) zum Einsatz kommt. Im dritten Teil der Serie, der sich mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen befasst, werden wir auf diesen Widerspruch noch ausführlich eingehen.
Man kann den KfW-55-Standard auch mit einer Bauhülle ohne Dämmung erreichen. Dafür eignet sich ein vorhandenes, etwa 50 cm starkes Mauerwerk aus Kalksandstein (KS) oder Ziegel. Hier kann auf eine Außendämmung verzichtet werden, was wiederum die Sanierungskosten senkt. Doch solche Bauwerke sind rar. Ziegelmauern dieser Stärke wurden zuletzt zu Kaisers Zeiten verbaut. KS ist als Baustoff noch zu jung. Dennoch gibt es auch hier Bauplaner, die schon vor Jahren auf starke KS-Wände setzten, um die separate Außendämmung zu umgehen.
Für den Wohnungsbau lassen sich die Mehrkosten ziemlich genau berechnen (wobei die Zahlen sich auch aufgrund der steigenden Baukosten wieder ändern können). Verglichen mit dem KfW-100-Haus nach EnEV 2009 würde eine Sanierung nach KfW-55-Standard 420 Euro statt 275 Euro je Quadratmeter sanierter Wohnfläche kosten. Die Kosten für die energetische Sanierung liegen bei 230 Euro gegenüber 80 Euro, sie machen also 54 % und damit die absolute Mehrheit der gesamten Sanierungskosten aus (Quelle: energiesparen-im-haushalt.de).
Die Wohnungswirtschaft, die bisher auf den KfW-70-Standard setzte, läuft denn auch Sturm gegen diese Mehrkosten und verlangt eine umfassende und vor allem kontinuierliche Förderung. Diese wird es jedoch erst wieder im nächsten Jahr geben. Für 2021 lag sie nach BEG bei Mehrfamilienhäusern mit drei oder mehr Wohneinheiten bei 2.000 Euro je Wohneinheit oder insgesamt maximal 20.000 Euro je Zuwendungsbescheid.
Bei solchen Sanierungen muss ein deutlich höherer Anteil an erneuerbaren Energien eingekoppelt werden – und zwar 55 %. Das bedeutet auch den Umstieg auf ein neues Heizsystem. Das macht technisch gesehen durchaus Sinn. KfW-55- resp. EE55-Häuser können mit Heizsystemen gewärmt werden, die niedrige Vorlauftemperaturen erzeugen, also Wärmepumpen. Brennwertkessel, auch mit Biogas oder fester Biomasse betrieben, machen hier wenig Sinn.
Allerdings sind die Investitionen in Wärmepumpensysteme um bis zu 300 % höher als die in Gas-Brennwerttechnik. Daher muss auch hier gerechnet werden, ob sich ein Umstieg auf die Wärmepumpe lohnt oder aber die Sanierung so teuer macht, dass eine Amortisation nicht mehr möglich ist. Bei Mietwohngebäuden könnten die Kosten zwar auf die Mieter umgelegt werden, doch würde sich dadurch die Warmmiete massiv verteuern. Der Anteil für Heizwärme und Trinkwarmwasser kann dann etwa die Höhe der Kaltmiete erreichen.
Letztlich geht es hier auch um die Brennstoffkosten. Sollten die für Gas (oder auch biogene Brennstoffe) weiter deutlich steigen, könnte sich der KfW-55-Standard dennoch als lohnend erweisen. Denn solche Gebäude verbrauchen eben nun mal nur 55 % der Energie des Referenzgebäudes (KfW 100) und nur etwa 30 % eines unsanierten Wohngebäudes aus den 60er Jahren.
Unsere Mini-Serie zum Thema neue Baustandards umfasst zwei weitere Teile:
1. Neuer Standard EE 40 für Neubauten – was bringt er gegenüber KfW 55? (04.07.2022)
3. Neues Siegel „Nachhaltiges Bauen“ – was wird überhaupt noch am Bau gefördert? (18.07.2022)
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Ein Beitrag der Redaktion von HaustechnikDialog.