Handwerker, Kleinunternehmen, Solo-Selbstständige und Freiberufler stehen für 89 Prozent aller Unternehmen in Deutschland und damit für rund acht Millionen Beschäftigte*. 18 Prozent der Selbstständigen befürchten derzeit, ihr Geschäft aufgeben zu müssen. Im Oktober vor einem Jahr waren es noch 16,5 Prozent. Dieser Wert liegt deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft mit immerhin 7,3 Prozent. Der Hauptgrund dafür sind fehlende Aufträge.
Bild: pixabay.com / popmelon Dieter Last (62), Handwerksmeister, Fachjournalist und Mitglied im Arbeitskreis Baufachpresse e. V.
Bild: privat „Die Selbstständigen stehen immer mehr unter wirtschaftlichem Druck“, sagt ifo-Expertin Katrin Demmelhuber in einer aktuellen Pressemeldung (18. Nov. 2024). Im Handwerk sieht es mittlerweile ähnlich belastend aus. In einer Umfrage des ZDH (Zentralverband des deutschen Handwerks e. V.) aus dem Februar dieses Jahres konnten sich 13 Prozent der Betriebsinhaber die Schließung oder Übergabe des eigenen Unternehmens vorstellen, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anhalten sollten.
Diese Thematik findet in der Wirtschaftspolitik - egal bei welcher Partei - leider viel zu wenig Gehör. Da werden lieber internationale Großkonzerne hofiert und die aktuelle Krise in der Automobilbranche zur Chefsache erklärt. Subventionen bekommen stets die Wirtschaftskreise, die am lautesten schreien bzw. die für diesen Zweck eine erfolgreiche Lobbyarbeit in Berlin oder Brüssel betreiben. Die Wettbewerbsfähigkeit einer Exportnation sollte sich anders stärken lassen, möchte man meinen. Sie lässt sich weder herbeisubventionieren indem man gewisse Branchen oder Start-Ups bevorzugt, noch mit öffentlichkeitswirksamen Besuchen der Politprominenz erreichen. Unsere Wirtschaftspolitik wird sich radikal ändern müssen um effizienter zu werden – egal in welcher Konstellation die zukünftige Bundesregierung antritt.
Das Problem ist nicht neu und sicherlich vielschichtig. Deutschland hat in den vergangenen Jahren massiv an Boden im internationalen Wettbewerb eingebüßt und die Folgen bekommen wir aktuell zu spüren. Die Rahmenbedingungen der größten europäischen Volkswirtschaft müssen deshalb dringend verbessert werden; das ist hinlänglich bekannt. Wir kennen auch die Hauptursachen, die mit Bürokratieirrsinn, hohen Steuern, Energie- und Lohnkosten sowie dem Mangel an Fachkräften bereits (auch in dieser Stelle) hinlänglich beschrieben wurden. Gewerkschaftler bewerten diese Lage sicherlich anders als die Wirtschaftsvertreter der Industrieverbände (BDI usw.) und die Experten sind sich häufig uneinig. Zudem werden Empfehlungen des ifo-Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.) vornehmlich erst dann gehört, wenn der monatlich vorgestellte Geschäftsklimaindex (wieder) negativ ausfällt.
Klima für Existenzgründer?
Dabei ist die Datenlage recht eindeutig: Aktuell sind 1.037.073 Betriebe in die Handwerksrollen und in das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen. Dort arbeiten rund 5,6 Millionen Menschen; etwa 343.000 überwiegend jüngere Erdenbürger erhalten im Handwerk eine qualifizierte Berufsausbildung. Damit sind 12,2 Prozent aller Erwerbstätigen und 28,2 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland im Handwerk tätig. Darüber hinaus wurde im Jahr 2023 ein Umsatz von rund 766,2 Milliarden Euro netto im gewerblichen Handwerk erzielt.
Gleichzeitig ist die Zahl der Selbstständigen seit zwölf Jahren insgesamt rückläufig. Auch die Industrie- und Handelskammer (DIHK e. V.) macht in diesem Zusammenhang auf ein historisch niedriges Gründungsinteresse aufmerksam. Führten die regionalen IHK‘s 2013 noch mehr als 300.000 Gespräche mit Gründungsinteressierten, waren es 2023 nur noch 150.000. Das Klima zum Schritt in die berufliche Unabhängigkeit ist also eher schlecht und die aktuellen Rahmenbedingungen belastend. „Hohe Rechtsunsicherheit, Bürokratie und ein weit verbreitetes negatives Narrativ über uns machen die Selbstständigkeit in Deutschland unattraktiv”, sagt dazu Andreas Lutz, Gründer und Vorsitzender des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VDSG e. V.) dazu. (*Quelle: https://www.thepioneer.de/originals )
Fazit
Das Handwerk bildet einen äußerst dynamischen und wesentlichen Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Es schafft sichere Arbeits- sowie Ausbildungsplätze und trägt mit selbstständigen Unternehmern einen Großteil der Abgaben- und Steuerlast in diesem Staat. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik muss sicherlich die Probleme und Nöte der gesamten Wirtschaft ernst nehmen. Sie darf deshalb Selbstständige und Handwerker nicht so sträflich vernachlässigen, wie es in den vergangenen Jahren geschehen ist. Themen wie bezahlbare Energie, Bürokratieabbau, eine hohe Steuerlast und immer weiter steigende Sozialabgaben betreffen das Handwerk in besonderem Maße. Es ist durch die personalintensive Ausrichtung deutlich stärker von den explodierenden Lohnzusatzkosten betroffen als andere Wirtschaftsbereiche. Das Handwerk schreit nicht nach Subventionen, aber es verdient wesentlich mehr Gerechtigkeit im Verteilungskampf der eingesetzten Mittel und erheblich mehr Aufmerksamkeit bei allen politisch Verantwortlichen.