Der Verhaltensbeeinflussung (Regulierung) von Unternehmen und Konsumenten wird durch gesetzgeberische, meist marktspezifische Maßnahmen mit dem Ziel der Korrektur bzw. Vermeidung von vermutetem Marktversagen, z. B. zur Verhinderung monopolistischen Machtmissbrauchs und ruinöser Konkurrenz vorgenommen. Regulierung bezieht sich im Wesentlichen auf Marktzugang, Preise, Qualität und Konditionen sowie auf den Kontrahierungszwang.
Typische Regulierungsmaßnahmen sind Produktionsauflagen, Qualitätsstandards bei Produkten und Dienstleistungen, Ausnahmen vom Wettbewerbsgesetz, Berufsordnungen sowie Vorschriften der Preis- und Tarifgestaltung.
Selten besteht so viel Einigkeit wie beim Thema Regulierung und Bürokratie. Ökonomen*innen, Unternehmensvertreter*innen und Bürger*innen stimmen überein, dass der Umfang und die Komplexität der Bürokratie zu den größten Problemen Deutschlands gehören (Potrafke et al. 2024; Licht et al. 2024; INSM 2024). Die Einschätzungen erklären sich damit, dass die Anzahl von Gesetzen, Paragrafen, Absätzen und Normseiten kontinuierlich gestiegen ist (vgl. Abb. 1). Umfangreiche Vorgaben, beispielsweise zu Datenschutz oder -sicherheit, komplexe Antragsverfahren bei der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen oder Nachweis- und Dokumentationspflichten stellen eine Belastung für alle am Wirtschaftsprozess beteiligten Akteure dar. Das Problem besteht allerdings nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen demokratischen Staaten (Adam et al. 2019).
Mit dem Anstieg von Regulierung und Bürokratie sind erhebliche wirtschaftliche Kosten verbunden. Der Erfüllungsaufwand, der Unternehmen, Bürger*innen oder Verwaltungen bei der Umsetzung von bundesrechtlichen Normen entsteht, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2024 beläuft sich der Aufwand auf 27,1 Mrd. Euro (NKR 2024). Falck et al. (2024) schätzen basierend auf internationalen Reformen, dass Deutschland aufgrund des hohen Bürokratieaufwands jährlich Wirtschaftskraft von 146 Mrd. Euro verliert.
quelle: Sarah Necker, ifo Institut
Eine der Hauptfallen einer Organisation ist das, was man Überregulierung nennen kann. Überregulierung setzt einseitig, dauerhaft, für ausgesprochen viele Belange und Personen auf den Gebrauch und die Befolgung von Regeln. Das kann unterschiedliche, aber durchaus miteinander kombinierbare Formen annehmen:
• Auf der sozialen Ebene äußert sich Überregulierung darin, dass Ideen, Handlungspotentiale und Entscheidungskompetenzen der Mitglieder der Organisation kaum eine Rolle spielen. Im Gegenteil – sie werden durch die Überregulierung ausgeschaltet und unterdrückt. Das wirkt sich in "Wissens"-Kontexten noch dramatischer aus, als wenn es um reine "Arbeits"-Abläufe geht. Je mehr Kompetenzen Mitarbeiter haben, desto größer ist die Demotivation bei Überregulierung. Gleichzeitig werden zu viele Entscheidungen zentralisiert, was solche Organisationen entsprechend langsam ("Da muss ich erst nachfragen!") und schwerfällig macht. Die Organisation wird entpersonalisiert!
• Auf der sachlichen Ebene drohen überregulierte Organisationen der bestehenden Komplexität nicht gerecht zu werden. Die Lösungen sind dann zu simpel und werden dem Facettenreichtum der Situationen nicht gerecht ("Der Fall ist in unserem Formular nicht vorgesehen!"). Die Organisation wird einfältig!
• Auf der zeitlichen Ebene ist die Organisation zu vergangenheitsorientiert bzw. verhindert die Wahrnehmung anderer, neuer Zukünfte. Die Umwelt wird so gesehen, wie die standardisierten Regelwerke es vorsehen ("Das kann gar nicht sein, dass der Kunde damit ein Problem hat!"). Routinen merzen für sie nicht handhabbare Situationen aus. Die Organisation wird starr!
quelle: Klaus Eidenschink, Hephaistos GbR