Seit Anfang 2023 fördert die Bundesregierung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Errichtung von Solaranlagen auf ehemals für die Landwirtschaft trockengelegten Moorflächen in Deutschland, wenn diese dabei dauerhaft wiedervernässt werden. Nasse Moorböden sind hochwirksame Kohlenstoffspeicher und verhindern die Freisetzung von Treibhausgasen. Gleichzeitig bieten sie zusätzliche Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Aber bei dem Thema stehen sofort die Bedenkenträger bzw. Kritiker auf der Matte. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Das geschätztes technisches Potenzial in Deutschland beträgt 440 - 880 GWp
Vorteile:
• Bei Wiedervernässung kein „Nutzungsverzicht“, sondern Kombination von erneuerbarer Stromerzeugung und Klimaschutzzielen
• landwirtschaftliche Nutzung mit sogenannten Paludikulturen (land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore [z. B. Schilf für Dachreet]) möglich
• gezielte moorbezogene Artenschutzmaßnahmen auf wiedervernässten Moor-Flächen neben der PV-Anlage
Herausforderungen:
• Ausreichend Licht für standortangepasste, torfschützende Vegetation sicherstellen
• Zusammenarbeit vieler Akteure
• Spezialmaschinen für Installation, Wartung und Rückbau der Moor-PV-Anlagen nötig
• In Deutschland und international bislang kaum Pilotprojekte mit Moor-PV-Anlagen
quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Der größte nachgeführte und wiedervernässte Solarpark Deutschlands entstand auf einem ehemalig intensiv genutzen Moorstandort in Lottorf. Durch den Einsatz einachsiger, drehbarer Solarmodule ist nicht nur die Beregnung sondern auch der Lichteinfall weiterhin möglich. In Kombination mit weiteren Maßnahmen wurde eine großflächige Wiedervernässung innerhalb des Standortfläche erreicht.
Der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlage (PV FFA) auf einem wiedervernässten Moorboden im Sinne des EEG 2023 ist in Deutschland bisher allenfalls in Ansätzen erprobt. In Bayern und in Schleswig-Holstein ist je eine PV-Anlage in einem Moorgebiet bekannt, auf denen die Entwässerung unterbrochen, jedoch noch keine aktiven Wiedervernässungsmaßnahmen umgesetzt wurden. In Niedersachsen gibt es aktuell Projektideen, an zwei Standorten auf bereits wiedervernässtem Hoch- und Niedermoor PV-FFA zu errichten.
Der besondere Standort erfordert besondere Maßnahmen bei der Errichtung und dem laufenden Betrieb von PV-FFA. Grundlegend dürfen Aufständerung oder Infrastrukturen (Kabeltrassen, Zuwegungen usw.) die hydrologischen Eigenschaften des Torfkörpers nicht beeinträchtigen. Die relevanten, stauenden Schichten müssen unbedingt erhalten werden, um das Ziel der Wiedervernässung nicht zu gefährden. Der aus dem Bodenaushub anfallende Torf darf nicht offen gelagert und der Oxidation preisgegeben werden, sondern sollte zur Verfüllung der Gräben genutzt werden. (Greifswald Moor Centrum 2022).
Die Inanspruchnahme bereits schutzwürdiger Moorflächen sollte dabei unbedingt vermieden werden, da hier der Zielkonflikt zwischen Klimaschutz, Naturschutz und Energieerzeugung nicht gelöst werden kann. Standorte, die sowohl ein hohes Wiedervernässungs- als auch ein hohes Naturschutzpotenzial haben, sollten nicht überstellt werden. Vielmehr sollte hier der Biodiversitätsschutz im Vordergrund stehen. Für die Bewertung der Schutzwürdigkeit müsste eine detaillierte Flächenkulisse abgegrenzt werden, die das Wiedervernässungspotenzial und die Eignung des Standortes für PV-FFA aufzeigt.
Für eine erfolgreiche Kombination von Klimaschutz durch Wiedervernässung und Stromerzeugung, hat das Greifswald Moor Centrum die wichtigsten Forschungsfragen zusammengestellt, die sich auf folgende Themenfelder fokussieren (Greifswald Moor Centrum 2022):
• Auswirkungen der Wiedervernässung auf die technischen Anlagen (Anforderungen an das Material im sauren Milieu; Installation, Betrieb und Rückbau der Anlagen auf Böden mit geringer Tragfähigkeit),
• langfristige Auswirkungen der PV-FFA und der Baumaßnahmen auf den Moorstandort (Gasflüsse, Landschaftswasserhaushalt),
• Auswirkungen der PV-FFA auf die Fauna (Insekten, Amphibien und Vögel) und die torfschützende Vegetation,
• Akzeptanz und geeignete Beteiligungsformen bei Wiedervernässungsprojekten.
quelle: KNE - Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende