Eiszeitliche Rinnen (Buried Valleys) sind eine besondere Art von Trinkwasserspeicher, die während der Eiszeit entlang der Nordseeküste entstanden sind. Dies sind verborgene Rinnen, die bis zu 500 Meter in der Tiefe sein können und riesige Mengen Grundwasser aufbewahren. Dieses Wasser wird in der Zukunft aufgrund des immer häufiger auftretenden Trockenzeiten bzw. fehlenden versickernden Regenwassers immer wichtiger für die Trinkwasserversorgung.
Vor gut 400.000 Jahren während der Elster-Eiszeit waren Nordeuropa, die Ostsee, die Nordsee und Teile Grossbritanniens von Eis bedeckt. Dadurch entstanden ausgeschürfte Wannen (z. B. die Elbtal-Wanne 100×20 km) und Rinnen (100×5 km), die bis 500 m tief in den Untergrund reichen. Beim Abschmelzen des Eises haben sich große Eisstauseen gebildet, in denen sich großflächig von Norddeutschland bis in die Niederlande Schluff und Ton bis zu 150 m Mächtigkeit abgelagert haben.
Eiszeitliche Rinnen
Neben den durch salinartektonische Vorgänge entstandenen Salzstöcken und deren Randsenken existieren im Untersuchungsgebiet weitere markante geologische Strukturen. Dabei handelt es sich um die sogenannten eiszeitlichen Rinnen, die im Gegensatz zu den Salzstrukturen vergleichsweise junge geologische Formen darstellen ( Anl. 2.1). Sie entstanden im Verlauf der Elster-Kaltzeit, der ältesten, in Schleswig-Holstein flächenhaft nachweisbaren Vereisung des Pleistozäns (s. Tab. 2.2). Zur Entstehung der eiszeitlichen Rinnen hat es in der Vergangenheit verschiedene Theorien gegeben. Wahrscheinlich ist, dass in erster Linie Schmelzwässer für die Erosionsvorgänge verantwortlich waren neben Prozessen der Glazialerosion durch das Gletschereis selbst. Diese Schmelzwässer drangen über Spalten bis zur Basis der elstereiszeitlichen Gletscher und schnitten sich dann dort, unter hohem hydrostatischen Druck stehend, auf ihrem Weg bis zum Eisrand tief in den präglaziären (jungtertiären) Untergrund ein. Die so entstandenen Rinnen sind teilweise weniger als einen Kilometer breit und bis zu mehreren Zehnerkilometern lang. Im Raum Südwest-Holstein erreicht die Rinnenbasis häufig Tiefen von mehr als -200 Meter NN. Die Ellerbeker und die Duvenstedter Rinne sind in weiten Bereichen tiefer als -300 Meter NN, an ihren tiefsten Stellen liegt die Basis sogar unter -400 Meter NN. Beispielsweise belegten seismische Messungen ( Anlage 2.2), die in der Nähe von Bevern durchgeführt wurden, dass sich dort die eiszeitlichen Sedimente über eine Breite von fast einem Kilometer tiefer als 300 Meter unter Gelände bis in die Unteren Braunkohlensande eingeschnitten haben. Die Hohlformen der Rinnen wurden zum überwiegenden Teil schon während der Spätphase der Elster-Kaltzeit und der anschließenden Holstein-Warmzeit wieder verfüllt. Quelle: Wolfgang Scheer
So bekommt z. B.
Eiderstedt das
Trinkwasser aus
Rantrum (Nähe Husum) aus
sieben Brunnen mit Tiefen bis zu
120 m. Ein Teil des
Grundwassers wird aus einer
eiszeitlichen Rinne gefördert. Ein weiterer Anteil ist
versickertes Regenwasser, das durch unterschiedliche Erdschichten "vorgereinigt" wird.
Während der Elster-Kaltzeit wurden tiefe rinnenartige Hohlformen unter dem Eis in den Untergrund gefräst. Diese besitzen eine große Bedeutung für die heutige wasserwirtschaftliche Nutzung der Grundwasserleiter. Im Untergrund des Kreises Pinneberg finden sich mehrere dieser "pleistozänen Rinnen", die bis in über 300 Meter Tiefe hinabreichen. Sie sind häufig mit sandig-kiesigem Material gefüllt, so dass sie schon früh als Brunnenstandorte genutzt wurden. Die Wasserwerke Renzel der Stadtwerke Pinneberg und neuerdings auch das Wasserwerk Barmstedt besitzen Brunnen in solchen Rinnen (weiterhin das inzwischen eingestellte Wasserwerk Pinneberg-Hasenmoor sowie das Wasserwerk Hamburg-Schnelsen).
Ebenfalls in der Elster-Kaltzeit wurde der Lauenburger Ton abgelagert. Dieses Sediment, welches am Boden von Eisstauseen gebildet wurde, verhindert oder verringert in vielen Bereichen – z. B. in den Rinnen – einen Austausch zwischen den tieferen und flacheren Grundwasserleitern. Die Elbe diente im jüngeren Eiszeitalter immer wieder als Abflussbahn für die Gletscher-Schmelzwässer ausgroßen Teilen des südlichen Ostseeraumes. Vor allem in der Weichsel-Kaltzeit wurde zunächst ein über 50 Meter tiefes Tal erodiert und später teilweise mit Sanden und Kiesen wieder aufgefüllt, sie bilden heute einen ergiebigen Grundwasserleiter. In der Gegenwart (Holozän) entstanden Klei- und Torfschichten, die diesen Grundwasserleiter bedecken und vor Verunreinigung schützen. Die Klei-Schicht wurde in den Überflutungsräumen der Elbe durch die Ablagerung feinster Trübstoffe bei Hochwasser gebildet. Der heutige Elbstrom bildet den wichtigsten Vorfluter für die Grundwasserleitsysteme im Süden Holsteins. Ein in den weichselkaltzeitlichen Grundwasserleitern der Elbmarsch bzw. im Übergangsbereich zur Geest förderndes Wasserwerk ist das Wasserwerk Haseldorfer Marsch der Hamburger Wasserwerke GmbH.