Übersicht
Die zu erwartende Lebensdauer eines
Fußbodenheizungsrohres aus Kunststoff ist von vielen Faktorenabhängig:
- Betriebsdruck der Anlage
- dem Rohrwerkstoff
- dem Biegeradius
- Zug-, Druck- oder Scherbelastung in Dehnfugen
- Betriebstemperatur im Heizrohr
- Chemische Einflüsse.
Darüber hinaus können weitere Einschränkungen der Lebensdauer verursacht werden durch:
- Ultraviolettstrahlen, d. h. längere Sonnen einwirkung
- Kontakt mit katalytisch wirkenden Schwer metallen, z.B. Cu in Verbindung mit hohen Temperaturen
- mechanische Beschädigungen z. B. beim Verlegen.
Die aus der Rohrdimension und dem Betriebsdruck resultierende Vergleichsspannung lässt sich rechnerisch einfach ermitteln.
Die Erfassung der Spannung aus den übrigen Belastungen dagegen sind aufgrund der unterschiedlich auftretenden Spannungsrichtungen nur relativ schwer zu einem
gemeinsamen Wert, der Vergleichsspannung, zusammen zu fassen. Grund sätzlich wird mit zunehmender Spannung im Rohrwerkstoff die Lebensdauer eingeschränkt.
Einfluss von Biegeradien
Abb. 9.1. Streckung und Stauchung der Randzonen bei Biegung.
Abb. 9.2. Zu enge Biegeradien möglichst vermeiden.
Wird ein Heizrohr halbkreisförmig gebogen, so verändern sich die Ausgangslängen eines gestreckten Rohrstückes gegenüber dem gebogenen Zustand in der Form, dass die Innenfaser gestaucht und die Außen faser gestreckt wird. Lediglich eine in der Mitte des
Rohres gedachte Linie, die neutrale Faser, ist sowohl im gestreckten als auch im gebogenen Zustand gleich lang. Die Verlängerung oder Verkürzung einer Randfaser ergibt, zur Aus gangslänge ins Verhältnis gesetzt, die jeweilige Dehnung des Rohrwerkstoffes. Wie groß diese einzelnen Werte bereits bei einem mit zulässigem Biegeradius gebogenen Rohrstück sind, soll das nachfolgende Beispiel zeigen. Ein Heizrohr der Di mension 17x2mm soll halbkreisförmig mit einem Radius entsprechend 10 d (170 mm) gebogen werden (Abb. 9.1.).
Die gestreckte Länge des
Rohres beträgt
I
0 = 10 x 17 x 3,14 = 533,8 mm
Die äußere Randfaser hat einen neuen Radius von
r = 10 d + d / 2
I
a = (10 x 17 + 17 / 2) x 3,14 = 560,5 mm
Aus den Ergebnissen ist zu entnehmen, dass sich die äußere Faser des
Rohres gegenüber der gestreckten Länge um 26,7 mm verlängert hat. Dem entspräche im vorliegendem Fall eine Materialdehnung von 5 %. Wird der Biegeradius des Heizrohres noch enger gestaltet, so treten entsprechend höhere Materialdehnungen auf, die zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der Lebensdauer führen können. Selbstverständlich sind Heizrohre aus PP und PB in dieser Hinsicht stärker gefährdet, als solche aus PE-X. Entsprechende Angaben über die zulässigen Biegeradien sind stets den technischen Infor mationen der Rohrhersteller bzw. System anbieter zu entnehmen. Bei Anwendung von
Wärme können temperaturabhängig kleinere Biegeradien hergestellt werden. Dazu ist jedoch eine entsprechend genaue
Temperaturführung erforderlich, die in der Baustellen praxis meist nur unzureichend erfüllt werden kann. Andererseits dürfte beim Auftreten eines Schadens in einem Biegebereich der Nachweis, dass das Heizrohr mit entsprechend hoher
Temperatur verlegt worden ist, außerordentlich schwierig werden. In Bezug auf die Rohrverlegung kann man in zwei Systeme unterteilen:
- Vorgegebener Verlegeweg durch rillenartige Vertiefungen, Umlenkteller etc.
- freie Verlegung durch entsprechende Auswahl der Rohrbefestigungspunkte.
Darüber hinaus unterscheidet man bei der Rohrverlegung zwischen
- mäanderförmig (reihenförmig)
- spiralförmig (schneckenförmig).
Da bei der reihenförmigen Verlegung jeweils am Ende der geraden Strecke eine Umkehrung der Rohrrichtung erfolgt, muss das Heizrohr halbkreis förmig gebogen werden. Will man den zulässigen Biegeradius des Heizrohres nicht unterschreiten, so kann man bei dieser Verlegeart kaum einen kleineren Rohrabstand als 20 cm erzielen. Ein besonderer Nachteil der vorgenannten Verlegeart besteht darin, dass der Umkehrbogen keinem geometrischen Kreisbogen mit festem Halbmesser entspricht. Vielmehr stellt sich eine spargelkopfähnliche Form mit viel zu kleinem Biegeradius an der Spitze ein (siehe Abb. 3.3.). Völlig anders bei der spiralförmigen Verlegung, bei der das Rohr zunächst schneckenförmig im doppelten Verlegeabstand bis hin zur Mitte des Heizkreises verlegt wird. An dieser Stelle wird eine S-förmige Wendeschleife verlegt. Die restliche Rohrverlegung des Heizkreises erfolgt mittig in den Zwischen räumen der zuvor verlegten
Rohre. Bei dieser Art entstehen in den Ecken der Verlegeflächen nur Viertelkreisbögen, die in Bezug auf den Ver legeradius relativ großzügig gestaltet werden können. Dadurch entsteht zwar in den äußersten Ecken der Verlegefläche eine gewisse Fehlbelegung, doch ist die damit verbundene Herabsetzung der
Heizleistung in Bezug auf die Leistung des Gesamtraumes derart klein, dass sie jederzeit vernachlässigt werden kann. Das gilt auch für die in der Mitte der Verlegefläche anzuordnende S-förmige Wendeschleife. Eine schonende Materialverlegung mit großen Biegeradien wird stets die Lebensdauer einer
Fußbodenheizung begünstigen.
Einfluss von Bewegungsfugen
Abb. 9.3. Bewegung der Estrichflächen quer zur Fuge.
Abb. 9.4. Bewegung der Estrichflächen parallel zur Fuge.
Abb. 9.5. Stauchungen des Heizrohres in einer Fuge.
Abb. 9.6. Wellrohr als Schutzrohr.
Abb. 9.7. Scherbeanspruchung eines Heizrohres quer zur Fuge.
Abb. 9.8. Aufteilung eines Heizregisters bei Bewegungsfugen (links: falsch, rechts: richtig).
Abb. 9.9. Durch sinnvolle Aufteilung des Heizkreises hätte man auf die ganze „Schutzrohrakrobatik“ verzichten können.
In der Praxis müssen häufig die
Estrichflächen in Einzelfelder unterteilt werden. Größe und Geo metrie der Gesamtfläche bestimmen Lage und Anzahl der Bewegungsfugen. Sie sind erforderlich, um die temperaturbedingten Ausdehnungen des
Estrichs aufzunehmen.
Ebenso häufig kreuzen die Heizrohre solche Bewegungsfugen, weil kein anderer Verlegeweg zur Verfügung steht. An diesen Stellen, z. B. Tür durchgängen, kann bei unzureichendem Schutz der
Rohre eine zusätzliche mechanische Beanspruchung der Heizrohre auftreten. Die Bewegungsfugen ermöglichen eine Bewegung der benachbarten
Estrichfelder in zwei Richtungen quer zur Fuge – Abb. 9.3. und parallel, Abb. 9.4.
Die Ausdehnmöglichkeit soll nach
DIN 18560 bzw. den Merkblättern des Zentralverbandes des deutschen Baugewerbes 5 mm betragen. Eine kreuzende Rohrleitung kann durchaus bis zu 2,5 mm und mehr gestaucht werden, insbesondere dann, wenn die
Estrichfläche mit der gegenüberliegenden Wand Berührung hat. Ist dabei das Heizrohr beiderseits der Fuge ohne zusätzliche Bewegungsmöglichkeit in Richtung der Rohrachse vom
Estrich umschlossen, so können Stauchungen auftreten, die langfristig zum Schaden des Heizrohres führen. Abb. 9.5. Die Gefahr besteht sowohl bei
Rohren aus Kunststoff als auch bei metallischen
Rohren.
Kunststoffheizrohre sind im Bereich der Bewegungs fuge so zu ummanteln, dass sich die Ausdehnung der
Estrichflächen auf ein ca. 300 bis 500 mm langes Rohrstück verteilen kann. Dadurch werden die Materialspannungen im Heizrohr nur gering fügig beeinflusst. Die Ummantelung kann aus Folie, Filz o. ä. Werkstoffen bestehen. Als sehr vorteilhaft hat sich die Verwendung von „Wellrohren“ aus der Elektrotechnik erwiesen. Die
Rohre werden in Längsrichtung aufgeschlitzt und über das Heizrohr gestülpt (Abb. 9.6.).
Bei metallischen
Rohren, z. B. Cu-Rohr mit Kunststoffummantelung oder Verbundrohren, kann die vorgenannte Methode nicht immer angewendet werden. Die jeweiligen Systemanbieter halten für ihre Systeme entsprechende Lösungen bereit. Vielfach wird die Verschiebung der
Estrichflächen parallel zur Bewegungsfuge unterschätzt, insbesondere bei zu langen Feldern. Ein kreuzendes Heizrohr wird auf „Scherung“ beansprucht, und zwar um so mehr, je schmaler die Fuge ist (Abb. 9.7.).
Auch für diesen Beanspruchungsfall hat sich die Um mantelung mit Wellflexrohr hervorragend be währt. Muss eine
Estrichfläche in zwei Hälften aufgeteilt werden, so dürfen keinesfalls die
Rohre des Heizregisters die Bewegungsfuge mehrfach kreuzen. Auch die Heizregister müssen entsprechend aufgeteilt werden (Abb. 9.8.).
Einfluss von Temperatur
Die Lebensdauer von Heizrohren aus Kunststoff wird durch hohe Betriebstemperaturen beeinflusst. Dabei sind
Rohre mit ungenügender Stabilisierung gegen
Wärmealterung eher gefährdet als solche, bei de nen Menge und Art der Stabilisatoren höchsten Ansprüchen genügt und zwar unabhängig von der Werkstoff klasse. Deshalb sind die Betriebs temperaturen der
Fußbodenheizung möglichst niedrig zu wählen und die Anlagen gegen unbeabsichtigte Überhitzung abzusichern (Sicherheits tempe ratur begrenzer). Die jeweiligen Einschränkungen ergeben sich aus den temperaturabhängigen Zeitstandkurven in Abhängigkeit von der Belastung der Werkstoffe (Innendruck, Biegeradius, sonstige Beanspruchungen).
Einfluss von UV-Strahlung
Heizrohre aus Kunststoff sind in der Regel nicht gegen UV-Strahlen stabilisiert. Deshalb darf keine Lagerung ohne Schutzverpackung im Freien vorgenommen werden. Durch den Einfluss ultravioletter Strahlen wird die Molekularstruktur nachhaltig geschädigt, die Lebensdauer herabgesetzt. Das gleiche gilt für bereits verlegte Flächen, die noch längere Zeit bis zur Einbringung des
Estrichs freiliegen. Häufig werden die Heizkreisverteiler an Stellen installiert, die dem Tageslicht oder der direkten
Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. In solchen Fällen sind geeignete Abschirmmaßnahmen zu treffen. Auch Beleuchtungseinrichtungen können einen mehr oder weniger großen UV-Anteil abstrahlen.
Einfluss von Oberflächenverletzungen
Verletzungen der Rohroberflächen können in der Baupraxis nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. „Schleifen“ der Heizrohre auf dem
Betonuntergrund, „Kratzen“ an scharfkantigen Baustahlmatten, Oberflächenbeschädigungen bei der
Estricheinbringung sind unvermeidbar. Bei gleichartigen Oberflächenverletzungen ist an geraden Rohrstücken im allgemeinen mit einer geringeren Beeinträchtigung der Lebenserwartung zu rechnen als in Bögen. Dort muss je nach Rohrwerkstoff und Biegeradius mit einer Herab setzung der Lebensdauer gerechnet werden. PE-X-Rohre weisen eine hohe Weiterreißfestigkeit auf und sind in dieser Hinsicht weit weniger anfällig als PB-, PP- oder PE-RT-
Rohre.
Einfluss von Chemikalien
Allgemein ist die Beständigkeit der
Fußbodenheizungsrohrwerkstoffe gegen Chemikalien außerordentlich groß. Dennoch gibt es Mittel, insbesondere oberflächenaktive Substanzen, z. B. Detergentien, die besonders bei PP und langfristiger Einwirkung zu Spannungsrissen führen können.
Einfluss des Innendruckes
Abb. 9.10. Wirkung des Innendruckes auf das Heizrohr.
Formel 9.1
Formel 9.2
In Abhängigkeit vom Innendurchmesser des Heizrohres wird in Verbindung mit dem Betriebsdruck der Anlage eine Kraft erzeugt, die das Rohr – wie in Abb. 9.10 dargestellt – auseinanderdrückt.
Die wirksame Kraft P ergibt sich aus dem Innendruck p und der Fläche I · di (Formel 9.1)
Diese Kraft wird von der Rohrwandfläche (I x s) x 2 aufgefangen. Die dabei auftretende Materialspannung errechnet sich wie in Formel 9.2 dargestellt.
Darüber hinaus gibt es eine Fülle äußerer Kräfte, die zusätzliche Spannungen im Rohrwerkstoff hervorrufen können. Je nach Art der Beanspruchung entstehen Spannungen unterschiedlicher Größe und Richtung. Sie überlagern sich mit anderen Spannungen unterschiedlicher Richtung und können zu kritischer Größe anwachsen.