Die neue VDI-Richtlinie 6044 - "Vermeidung von Schäden in Kaltwasser- und Kühlkreisläufen" ist im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) innerhalb von Gebäuden und auf Grundstücken einschließlich für industrielle Anwendungsfälle für Kalt- und Kühlwasserkreisläufe mit einer Umlaufwassertemperatur von unter 40 °C anzuwenden.
Für korrosionstechnisch geschlossene Kalt- bzw. Kühlwasserkreisläufe, die temporär oder ständig in direkter hydraulischer Verbindung mit Warmwasser-Heizungsanlagen betrieben werden, sind zu beachtende Besonderheiten beschrieben. Erhöhte Anforderungen, wie an die Energieeffizienz und Kosten von Anlagen zur Kühlung von Gebäuden und Prozessen, haben in den letzten Jahren zu immer komplexeren Anlagenkonfigurationen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Werkstoffe in den Anlagen geführt. Durch z. B. mikrobiologische Prozesse, ungeeignete Mischinstallationen und Verunreinigungen aus Produktion, Lagerung und Montage, kann es zu Betriebsstörungen (z. B. Korrosionsschaden, Luft bzw. Gase in der Anlage), Effizienzverlusten und aufwendigen Instandsetzungsarbeiten kommen.
Die Ursachen für erhöhte Korrosionswahrscheinlichkeit und Ablagerungen liegen häufig in einer unzureichenden Aufbereitung und Behandlung des Füll- bzw. Ergänzungs- und Umlaufwassers. Während des Betriebs kann es zur Veränderung der Wasserbeschaffenheit kommen. Deshalb ist eine Überwachung und Dokumentation der Wasserbeschaffenheit notwendig.
Themen für Neuanlagen:
• die Planung unter wassertechnischen Gesichtspunkten;
• die Festlegung von Wasserparametern des Füll- bzw. Ergänzungs- sowie des Umlaufwassers in Abstimmung mit den verwendeten wasserberührten Werkstoffen der Komponenten;
• das Spülen nach erfolgter Installation im Rahmen der Inbetriebnahme;
• den Zeitpunkt und Umfang der erstmaligen und wiederkehrenden Wasseruntersuchungen als Teil der Instandhaltungsplanung.
Themen für Bestandsanlagen:
• die Problemerkennung und Ableitung von Maßnahmen zur Beseitigung von Korrosionsursachen;
• die Problemerkennung und Ableitung von Maßnahmen zur Beseitigung von Ablagerungsursachen;
• die Planung und Ausführung von Reinigungsmaßnahmen.
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Die neue VDI-Richtlinie 6044 - 2023-04, die auf der BTGA-Regel 3.003 basiert, gibt konkrete Richtwerte für Füll-, Ergänzungs- und Umlaufwasser vor. Da viele Kalt- und Kühlwasserkreisläufe im Gegensatz zu Heizungsanlagen faktisch korrosionstechnisch offen ausgeführt werden, kann je nach Anlagenart zum Umlaufwasser mehr oder weniger Luftsauerstoff und Stickstoff aufgenommen werden. Durch diesen kontinuierlichen Sauerstoff- und Stickstoffeintrag kann es in diesen Anlagen zu korrosionsbedingten Schäden und Betriebsstörungen kommen. Deshalb sind in solche Anlagen höhere Anforderungen an die Wasserqualität erforderlich.
Die Richtlinie gilt für:
• geschlossene Kalt- und Kühlwasserkreisläufe
• mit einer maximalen Umlaufwassertemperatur von < 40 °C
• einem Gesamtvolumen > 1.000 Liter (ohne Pufferspeicher)
VDI 6044-relevante Anlagen:
• Kühl- und Kälteanlagen für industrielle Anwendungen (z. B. Rückkühlsysteme oder Kaltwassersätze)
• Oberflächennahe Geothermie und kalte Nahwärmenetze
• Lebensmittelnahe Bereiche (z. B. Tiefkühlketten, Molkereien oder Brauereien)
• Heizsysteme mit Fußbodenheizungen oder Betonkernaktivierungen
Im Vergleich zur VDI-Richtlinie 2035 wurden in die VDI-Richtlinie 6044 neue Werte (Chlorid, Sulfat und Nitrat sowie auch TOC, Eisen, Zink, Kupfer, Alu und Ammonium) aufgenommen. Die generelle Gesamthärtevorgabe von < 8,4 °dH ist aufgrund der in größeren Anlagen vorherrschenden geringeren Betriebstemperatur weiter gefasst als in der VDI-Richtlinie 2035. Diese Vorgaben sind künftig in der Planung, im Bau und im Betrieb zu berücksichtigen, um Betriebsstörungen oder Schäden im System zu verhindern.
Für Kalt- und Kühlwasserkreisläufe bestanden bisher keine vergleichbaren Regeln für Planung, Installation sowie den sicheren Betrieb unter wassertechnischen Aspekten. Dadurch kam es in der Vergangenheit in Kältesystemen zu Funktionsstörungen durch Korrosion und/oder zu mikrobiologischer Aktivität, und das sogar häufiger als in Heizsystemen. Es wurde übersehen, dass sowohl Kalk- wie auch Korrosionsbeläge den Wärmeübergang gravierend verschlechtern und so Energiekosten steigern. 1 mm Kalkbelag vermindert im Wärmetauscher den Wärmeübergang schon um 20 %. Noch negativer wirken sich Biofilme nicht nur als Wärmelsolationsschicht im Wärmetauscher aus, sie fördern auch die Korrosion.
Interessant wird es beim Betrieb von kombinierten Heiz- und Kühlanlagen mit einem Gesamtvolumen > 1.000 Liter (ohne Pufferspeicher), also so genannten Change-over-Systeme, unter die der Großteil der aktuell verbauten Wärmepumpen-Anlagen fällt. Hierbei gilt es sowohl die neue VDI-Richtlinie 6044 als auch die VDI-Richtlinie 2035 zu beachten. Denn diese Anlagen können beides und wechseln zwischen Heizen und Kühlen.