In den
80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die ersten
Brennwertkessel eingesetzt. Der
Erfinder der
Brennwertkessel war
Richard Vetter, der 1982 einen Gaskessel und 1984 einen Ölkessel serienreif auf den Markt brachte. Seit
Beginn der
90er Jahre galt die
Gas-Vollbrennwertkesseltechnik als
Stand der Technik und die
Öl-Brennwerttechnik hat sich erst
Mitte der
90er Jahre durchgesetzt. Zunehmend wird die
Brennwerttechnik auch bei der
Verbrennung von
Pellets mit
modulierenden Kesseln (
Pellet - Brennwert) eingesetzt.
Im Gegesatz zu den
Konstant- und
Niedertemperaturkesseln (
NT-Kessel), die nur den
Heizwert des
Brennstoffes nutzen können, wird bei den
Brennwertkesseln der
Energieinhalt (
Brennwert) des eingesetzten
Brennstoffes durch die
Abkühlung der
Abgase (ohne Ruß und Flüssigkeitströpfchen) bzw.
Rauchgase (mit Ruß, Säuredämpfe, Staub, Asche) fast vollständig genutzt. Es wird also auch die
Kondensationswärme (
latente Wärme) des im Ab- bzw.
Rauchgas enthaltenen
Wasserdampfes genutzt. Dadurch kann (
sollte) der
feuerungstechnische Wirkungsgrad bei dieser Technik
über 100 % liegen, weil sich dieser Wirkungsgrad auf den
Heizwert bezieht.
Die Grundlage für eine optimale Brennwertnutzung ist eine möglichst niedrige Systemtemperatur bzw. eine möglichst niedrige mittlere Temperatur im Wärmeerzeuger bzw.in dessen Wärmetauscher.
Kontraproduktiv sind hohe Systemtemperaturen, die besonders bei Heizsystemen mit Heizkörpern auftreten. Diese werden immer noch mit Systemtemperaturen von 70/60, 70/55 oder 60/50 betrieben. Dabei ist nur bei höheren Außentemperaturen, also bei niedrigeren Wassertemperaturen ein Brennwerteffekt möglich. Aber auch überhöhte Heizkurven in Wohngebäuden, die eingestellt werden, um ein schnelles Aufheizen der Wohnräume nach einer Absenkung oder Abschaltung über die zentrale Regelung oder Einzelraumregelung zu erreichen, führen zu einer schlechten Brennwertnutzung.
Aber auch falsch oder nicht abgeglichene Anlagen und zu häufiges Nachheizen eines abgekühlten Puffer- oder Trinkwasserspeichers, besonders bei geringer Temperaturspreizung, kann zu einer erhöhten Rücklauftemperatur führen.
Heizungsanlagen mit einer Niedertemperatur-Heizung (Fußbodenheizung, Wandheizung, Thermische Bauteilaktivierung) haben eine niedrige Systemtemperatur (35/28, 32/28), also immer niedrige mittlere Temperaturen, die unterhalb der möglichen Taupunkte der jeweiligen Brennstoffe liegen.
Innerhalb der Sommermonate ist die Brennwertnutzung bei der Trinkwassererwärmung zeitweise möglich, da die Temperatur des zulaufenden kalten Trinkwassers in den Trinkwasserspeichers eine niedrige Rücklauftemperatur ermöglichen.
Damit die latente Wärme aus den Ab- bzw. Rauchgasen genutzt werden kann, müssen diese unter den Taupunkt des jeweiligen Brennstoffes abgekühlt werden. Der Wasserdampf (chemisch gebundenen Wasserstoffatome) und andere kondensierbare Stoffe (VOC "volatile organic compound" - kohlenstoffhaltige Stoffe), die sich bei der Verbrennung im Ab- bzw. Rauchgas bilden, sind von der Brennstoffart, Verbrennungsluft und der relativen Luftfeuchte abhängig.
Aus den Kondensatmengen, die bei der Verbrennung von Erdgas (max. 1,4 kg/m3), Heizöl EL (max. 0,8 kg/Liter) und Holz-Pellets (ca. 0,5 l/kg) theoretisch entstehen können, werden in der Praxis ca. 40 - 60 % genutzt.
Durch die Inhaltsstoff (Kohlendioxid, Stickstoffoxide, Schwefeloxide), die sich bei der Verbrennung in den Abgasen bilden, entstehen durch eine Verbindung mit dem kondensierenden Wasserdampf Säuren (salpetrige Säure, Salpetersäure, Kohlensäure, schwefelige Säure bzw. Schwefelsäure). Die schwefelige Säure und Schwefelsäure entstehen nur beider Verbrennung von schwefelhaltigem Brennstoff (Standard-Heizöl EL). Die säurehaltigen Kondensate werden vor der Einleitung in das Abwassersystem durch Neutralisationseinrichtungen geführt.
Die Verluste der latenten Wärme in Konstant- und NT-Heizkesseln betragen bei der Verbrennung von Brenngasen (Erdgas, Propan, Butan) bis ca. 11 % und bei Heizöl EL bis ca. 6 %.
Wasserdampftaupunkte
- Erdgas (höherer Wasserstoffgehalts) bei ca. 56°C
- Heizöl bei ca. 47°C
- Holzverbrennung je nach Feuchtegehalt ca. 20 - 60 °C
Wenn der Ab- bzw. Rauchgastaupunkt im Kessel, Abgas- bzw. Rauchrohr und Schornstein unterschritten wird oder werden kann, dann müssen die Bauteile flüssigkeitsdicht und korrosionsbeständig sein. Dies gilt besonders bei schwefelhaltigen Brennstoffen.
In einem Voll-Brennwertkessel wird die Kondensationswärme des Wasserdampfs im Abgas fast vollstängig genutzt.
Da das entstehende Kondensat sauer (je nach Brennstoff zwischen pH-Werte 1,8 bis 5,5) ist, müssen die vom Kondensat berührten Teile des Wärmeerzeugers, Abgas- bzw. Rauchgassystems und der Kondensatableitung korrosionsbeständig sein.
Der Wärmetauscher im Wärmeerzeuger und das Abgassystem bestehen aus säurebeständigen Rohren bzw. Flächen mit glatten Oberflächen (z. B. druckdichtes Edelstahlrohr, Polypropylen-S bis 120 °C, PTFE bis 160 °C). Hier läuft das Kondensat des Abgases nach unten und wird in einer Kondensatwanne bzw. -behälter aufgefangen. Nach gesetzlichen Vorschriften darf die Säure nicht direkt in die Kanalisation abgegeleitet werden. Es muss durch eine Neutralisationseinrichtung (Auffangwanne mit alkalischem Granulat, z. B. Kalkstein, Marmorsplitt, Magnesium(hydr)oxid) neutralisiert werden, bevor es über einen Syphon in das Abwassersystem abgeleitet wird.
Anlagen, die mit schwefelarmen Heizöl oder Bioheizöl (DIN SPEC 51603-6) in Ein- und Zweifamilienhäusern betrieben werden, sind von der Neutralisierungspflicht befreit.
Wenn der Schornstein aus Mauerwerk nicht flüssigkeitsdicht ist, dann führt die Nässe zur Versottung des Schornsteins und zur Zerstörung des Mauerwerks. Abhilfe schafft ein in den Schornsteinschacht eingezogenes Abgas- bzw. Rauchrohr aus Aluminium, Edelstahl oder Kunststoffen (Polypropylen, PTFE, PVDF) oder die Schornsteinzüge müssen aus versinterter oder glasierter Keramik hergestellt werden, die mit einer Hinterdämmung versehen werden.
Da biogene Brennstoffe (Scheitholz, Pellets, Hackschnitzel) und Kohle oftmals unvollständig verbrennen, scheiden sich bei Abkühlung des Rauchgases in Verbindung mit der Feuchtigkeit Glanzruß, Holzteer, Teer, Flugasche und Flugstaub ab und führen zu Verstopfungen und sogar zu einem Schornstein- oder Rauchrohrbrand. Deswegen müssen die Rauchgastemperaturen >120 °C und die Kesselwassertemperaturen >60 °C (Rücklaufanhebung) betragen. Diese Anlagen können nicht mit der Brennwerttechnik betrieben werden und haben dadurch einen schlechteren feuerungstechnischen Wirkungsgrad.